Computer ist schuld

■ „Verfahrensfehler“ durch die EDV lassen Bußgeldprozesse zur Volkszählung platzen

Reihenweise platzen derzeit vor dem Amtsgericht die Bußgeldprozesse zur Volkszählung. Weil die Verfahren alle vom Computer bearbeitet wurden und werden, bieten sie allerlei Gründe zur Anfechtung. Erst gestern stellte ein Richter wieder ein Verfahren ein. Es sei nicht, wie erforderlich, auf die persönlichen Belange des Bußgeldempfängers und Volkszählungsboykotteurs eingegangen worden, begründete der Richter den Einstellungsbeschluß.

In der gesamten Akte sei kein handschriftlicher oder sonstiger Vermerk, der darauf schließen lasse, daß die Lebenssituation des Betreffenden geprüft und zur Festsetzung des Bußgeldes herangezogen worden sei. Das aber sei im Ordnungswidrigkeitengesetz vorgeschrieben. (AZ 282 a OWi 260/88).

Ebenfalls der Computerbearbeitung geschuldet ist ein weiterer Verfahrensfehler. Weil der vom Ordnungswidrigkeitengesetz vorgeschriebene Endvermerk, der bestätigt, daß der Fall geprüft und das Bußgeld festgesetzt sei, offenbar im Programm vergessen wurde, läuft derzeit eine Klage beim Kammergericht.

Dort soll festgestellt werden, daß das Bußgeldverfahren ohne diesen Vermerk nicht rechtmäßig und deshalb nichtig sei. Bis das Kammergericht diese Entscheidung getroffen hat, können Bußgeldverfahren zur Volkszählung ausgesetzt werden.

bf