Paar mit Villa und Kultur-Mercedes

■ Friedrich und Doro Thein betreiben ihr Tonstudio und Plattenlabel als rührigen Familienbetrieb in einer Bremer Villa und werden darum 24. und 25. Mitglied im taz Culture-Club am Mittwoch

Wenn man den beiden gegenübersitzt, glaubt man den vielen Lobeshymnen der unzähligen Musiker, die „durch ihre Hände gegangen sind“. Ruhe, Ausgeglichenheit und vor allem Kompetenz strahlen beide aus, aber eben auch Wärme und Verständnis. Da sind zwei Menschen aufeinandergetroffen, deren unterschiedliche Biographien sich in der Arbeit optimal ergänzen: Friedrich Thein stammt aus einer bekannten Bremer Instrumentenbaufamilie, ist also mit Musik groß geworden, aber das dennoch einzige von elf Kindern, das schließlich aktiver Musiker geworden ist. Mit 13 Jahren hat er mit einer Gitarre für 136 Mark die damals gängigen Hits gespielt: Beatles, Stones, Pretty Things. Später studierte er Musik mit Orchesterpauke und Schlagzeug als Hauptfach. Nach dem Studium dann sofort 1. Schlagzeuger am hiesigen Symphonieorchester, und gleichzeitig die erste eigene Band, das „Welfare Orchestra“.

Doro stammt aus einer hessischen Theaterfamilie, absolvierte eine Buchhandelslehre und dann die Schauspielschule, und war zehn Jahre lang in Hamburg und Bremen als Schauspielerin tätig, u.a. auch beim Rundfunk, wo sie mit dem Bereich Technik in Berührung kam. Und da verbinden sich auch die beiden Lebensgeschichten: Als Doro ihre Tontechnikerausbildung in Nürnberg begann, lernte sie Friedrich kennen. Der wiederum lernte bei seinen zahlreichen Besuchen gleich das Tontechnische mit. Damals

aber dachte noch keiner ernsthaft an ein gemeinsames Studio.

Erste Erfahrungen in dieser Richtung wurden bei den Plattenaufnahmen mit Friedrichs Band gemacht. „Damals befanden wir uns ja sozusagen im Niemandsland der Technik es gab kaum Studios, und die wenigen, die es gab, waren zu teuer und hatten eine Aura der Unerreichbarkeit, weil sie eben wahnsinnig viel Geld kosteten“, sagt Friedrich. Es lag nahe, es mit Doro als frischgebackener Tontechnikerin zu versuchen.

Dann ging's sehr schnell.

Doro: „Friedrich war einfach begeistert. Bei mir war's ja eigentlich so, daß ich die Technik nur gelernt habe, um mein Kind zu ernähren, aber bei ihm war's wirklich Liebe zur Technik“. Sie kauften ein Haus in der Linienstraße, und aus dem geplanten Übungsraum für Friedrichs Gruppe wurde das Studio. Fast ohne Eigenkapital begann so vor zehn Jahren die Geschichte des FDT-Tonstudios.

Heute ist aus der ärmlichen Startausrüstung ein High-Tech -Equipment erster Güte geworden. Beide haben bis 1984 nicht

von ihrer Studioarbeit gelebt. Jede dort verdiente Mark wurde sofort wieder in neue Anschaffungen investiert - nach Friedrichs Motto: „Lerne soviel, du kannst, schaff‘ dir das beste Handwerkszeug an, das es gibt, und versuche nicht, Mercedes zu fahren, bevor du nicht ein komplettes und gutes Handwerkszeug hast!“.

Und so gehören heute Hörspielproduktionen, Kassettenvervielfältigung, Aufnahmen für Theaterstücke, Musikproduktionen und das eigene Label mitsamt Musikverlag zum breitgestreuten

Aktivitätsspektrum der Theins. Auf dem eigenen Label erscheinen Produktionen aller Stilrichtungen: das reicht von Uli Beckerhoff über Gabriele Hasler bis zur neuesten Scheibe von Helmut Debus. Kriterium ist der eigene Geschmack und die Lust, auch Unkommerziellem eine Chance zu geben, vor allem bundesdeutschen Musikern.

Das heißt natürlich auch, daß die anderen Bereiche das Label tragen: „Das ist wie überall: wirkliche Kultur finanziert sich letztlich aus anderen Dingen, d.h., wir finanzieren eigentlich unsere eigene Kultur - vielleicht ist das der Mercedes, von dem ich vorhin gesprochen habe. Es sitzt sich nur nicht so bequem drin“, sagt Friedrich.

Heute leben und arbeiten beide in einer Villa in der Blumenthalstraße, die sie als Handwerksmittel betrachten und niemals nur für sich gekauft hätten. Ihre berufliche Zusammenarbeit als Ehepaar betrachten sie nach wie vor als „spannend, aufregend und anstrengend“. Und Doro ergänzt: „Die große Chance, die wir haben, liegt darin, daß wir so wahnsinnig verschieden sind - wir sind wirkliche Gegenpole: wir ergänzen uns sehr gut, aber wir haben nichts, was wir uns gegenseitig nehmen könnten, weil wir zu verschieden sind. Wir bringen uns nicht gegenseitig in Gefahr, daß der eine den anderen aufschluckt“. Kreative Gegenpole fürwahr, aus deren Haus noch einiges zu erwarten ist.

JüS