Flüchtlings-Hungern

■ Die entflohenen Häftlinge von Kirsehir fordern eine Bremer Delegation für die türkischen Knäste

Wer erst vor zwei Monaten aus einem türkischen Gefängnis entsprungen ist und dann von der Polizei durch das Land gehetzt wurde, für den ist ein Hungerstreik vielleicht ein gesundheitliches Risiko. Deswegen nimmt der türkische Arzt Ismail Apul die Hungerstreikenden unter seine fachmännische Aufsicht.

Die fünf Todeskandidaten, die im September aus dem Gefängnis von Kirsehir ausgebrochen sind, (s. taz von gestern) solidarisieren sich mit den politischen Gefangenen in türkischen Knästen. Mehr als 2.000 von ihnen befinden sich zur Zeit im Hungerstreik. Sie protestieren unter Einsatz ihres Lebens gegen die Einheitskleidung, gegen das Kahlscheren ihrer Köpfe, gegen das Verbot von Bildern an den Zellenwänden.

Die Hungerstreikenden in Bremen fordern, daß die Bürger

schaft jetzt sofort wahr macht, was sie schon zu Anfang des Monats beschlossen hat: Eine Delegation in die Gefängnisse und Gerichtssäle der Türkei zu schicken. Was eine solche Delegation für die politischen Gefangenen bedeuten kann, erläuterte Erdal Aykas, einer der Flüchtlinge aus dem Gefängnis von Kirsehir: „Der Besuch einer Delegation macht das Leben im Gefängnis leichter, wenn auch nur für kurze Zeit. Er unterstützt die Gefangenen moralisch. Das ist entscheidend für sie, denn sie führen einen Kampf auf Leben und Tod, einen Kampf gegen die Entmenschlichung“.

Am Rembertikreisel weist ein großes Transparent auf die Aktion hin. Befristet ist ihr Streik nicht. Sie wollen solange hungern, bis die Bremer Delegation in die Türkei unterwegs ist.

mw