Sex und TV

■ Das 'Männermagazin M– und 'Sexy Folies– in RTL plus

Die Kamera gleitet langsam am nackten Bein hoch und immer höher - jetzt müßte es doch haarig werden? - wird es auch, weiter über den Bauch, ganz nah auf glatter Haut, die atmet förmlich unter den Fingern und der Kamera, ja: der Busen ... die Kamera bleibt stehen. Donnerwetter, das ist aber auch ein Busen! Weiter hoch, Hals, Gesicht, niedlich ... aber dieser Busen!

Der alte geile Mann erzählt, wie er früher noch so richtig katholisch war und immer ein schlechtes Gewissen hatte, wenn er Frauen auf die Brüste starrte, und daß er wahrscheinlich deshalb heute so gerne mit nackten Mädchen arbeitet. Naja, er verdient ja auch nicht schlecht dabei, aber das sagt er nicht, das ist nicht die feine Art. Und bei Alain Bernardin ist zwar alles nackt, aber doch sehr fein ... Crazy Horse Saloon sage ich nur, da bleibt einem die Spucke weg, und richtig: Schnitt - und da sind sie ja, die Wunderschönen, Gleichmäßigen, die Traumfrauen mit den runden kleinen Hintern und vorn oben dito ... holla, wir sind in Paris, im Crazy Horse, wer wollte da nicht schon mal hin, Busen gucken und Popos?

Alles möglich und noch viel mehr, richtig wie echt, sogar noch viel besser - wer hat denn schon am Strand die Nahaufnahme vom Schritt der heißen Mädchen so richtig mittendrauf und lang genug, daß man sich auch was vorstellen kann? Und überhaupt - wenn man sich gerade eingesehen hatte bei diesem süßen jungen Ding ein paar Handtücher weiter, dann wollte Mutter wieder den Rücken eingerieben haben. Immer gerade dann.

Aber jetzt - alles da, alles dran, von hinten, von vorne, auch besonders in der Mitte. Ganz normal im Fernsehen, keine Kassette aus der Video-Schummerecke. Sonntags, Spätvorstellung für Erwachsene bei RTL: 'Männermagazin M‘ ... wenn die Kinder schlafen, können Papa aund Mama was lernen:

M wie Muskeln

M wie Mädchen

M wie Motoren

M wie Manager und Mut - kurz:

M wie Mann ...

Mannomann, wenn das keine Idee ist, das Wesentliche in das M zu packen, und wie anregend außerdem zum Weiterreimen. Sogar den Ansager hat's gepackt: ganz cool sitzt er da, gestylt bis zur Sonnenbrille und Zigarillo, und was sagt er? „Machos mögen Männermagazin. Mädchen mögen Moderatoren.“ Und dann schnippt er mit den Fingern, sagt „Top“, es kräht ein Hahn, und schon sind wir mitten drin in der Sparte „Mädchen“ - es geht um eine Strandolympiade. Wie zu erwarten, gibt es eine Menge Mädchen zu sehen, vor allem aber eine Menge Mädchenfleisch ... wie sie hüpfen und rennen, wie auch die Brüstchen hüpfen, vor allem beim Trampolinspringen. Und die Kamera immer drauf auf das Fleisch. Auch mal so eine richtig schöne Großaufnahmne, da kann man sehen, daß die Mädchen rasiert sind. Und spätestens, wenn nach den sportlichen Disziplinen der Erotik-Wettbewerb dran ist und alle Mädchen sich erotisch die Oberteile ausziehen und sich erotisch in einen Liegestuhl gleiten lassen, spätestens dann wird Papa ganz ernst, genauso ernst wie die Zuschauer im Film. Und Mama wird sauer, so sauer wird sie, daß sie aufstehen muß und in die Küche geht und von dort ruft - „Da kannst du mal sehen, daß es schon bei den ganz jungen Dingern hängt, manchmal“ ... Naja, was muß sie sich auch das Männermagazin ansehen, das ist ja schließlich für Männer gedacht.

Die nächste Nummer - wohl M wie Muskeln oder M wie Mut findet Papa nicht so interessant - irgendein Verrückter, der auf einen fahrenden Heißluftballon klettert und oben drauf dann noch einen Kopfstand macht. M wie meschugge findet Papa das. Immerhin hat er einen neuen Hotelnamen gelernt, der steht nämlich die ganze Zeit groß auf dem Ballon - aber dann geht's weiter mit den Mädels. „Top Models“, wie die so leben und arbeiten. „Das geht ganz easy going zu“ im Studio bei den Nacktaufnahmen, lernen Papa und Mama, und während man zusehen darf, wie die Models sich auf Sofas räkeln und sich teure Unterwäsche ausziehen, erklärt ein Mädchen, daß man sich immer falsche Vorstellungen von diesem Job gemacht hat

-„Das ist so eine ganz normale ernsthafte Arbeit wie jede andere auch. Das hat auch mit harter Arbeit zu tun, weil, das ist nicht irgendein Spaß oder ein Blödsinn, sondern das ist richtig, wie wenn man einen kleinen Werbesport oder einen Film macht, das wird konzipiert und die müssen angezogen und gestylt und geschminkt werden und müssen da richtig arbeiten.“

Das leuchtet ein, das kann man sehen - ganz schön anstrengend, wie da so ein armes Model auf dem Sofa hängt, Kopf nach unten und den Hintern in die Luft, und außerdem: ... kneift sicher auch noch dieser Tanga in der Ritze. Aber das muß so sein, damit man möglichst viel sieht. Und außerdem muß es auch ziemlich schwierig sein, den Büstenhalter auszukriegen, so viele Verrenkungen machen sie dabei.

Und jetzt sind die Mädels auch noch miteinander zugange, also Mama findet, daß das doch etwas zu weit geht: splitterfasernackt am hellichten Tag und schubbeln ihre Brüste aneinander. Papa sagt nichts, wahrscheinlich hat er sie nicht gehört, der stiert ja geradezu. Man soll es nicht glauben, was es alles im Fernsehen gibt und wozu sich manche Frauen so hergeben. Dabei scheint die eine doch gar nicht so dumm zu sein - hat schon dreimal gegen Karpow Schach gespielt und einmal sogar gewonnen!

Sie versteht das nicht. Beim nächsten Beitrag mit dem Titel „Der rote Fiat“ versteht sie auch nicht alles - da sieht man ein Pärchen auf dem Motorroller im Verkehr - im Straßenverkehr -, und dazu heißt es: „urbs aeterna“ nannten die alten Römer ihre ewige Stadt. Die Ewige ist ein wenig in die Jahre gekommen und bezieht ihre unendliche Lebensdauer letztlich durch eine Unmenge von Denkmälern, Kirchen und Ruinen. Und wo so viele steinerne Zeugen von der Vergangenheit träumen, hat die Gegenwart durchaus ihre realistischen Probleme - etwa die der „Wohnungsknappheit“ nein, das ist auch wirklich schwer zu verstehen, aber dann wird doch alles klar: Weil das Rollerpärchen keinen Wohnraum für Liebe hat, nehmen sie den kleinen roten Fiat als „ambulante Liebeslaube“. Das wackelt ganz schön, da muß auch Mama lachen, und wenn es heißt: „Die Stoßdämpfer werden bei der nächsten Inspektion wohl ausgetauscht werden müssen“, ja, dann lacht sie nochmal.

Beim nächsten Beitrag „Pin up der Woche“ wird sie wieder sauer, weil er wieder nicht ansprechbar ist, und auf dem Schirm sind wieder blanke Brüste und Hintern, aber dann ist die Sendung auch schon zu Ende und Zeit zum Schlafengehen. Aber jetzt kommt ihre große Stunde: auf dem Fernsehschirm nichts mehr, nur noch das graue Glas - aber hier, im Wohnzimmer, da ist sie, und wenn ihr Büstenhalter auch nicht aus Spitze ist und vielleicht ein bißchen größer - dafür kriegt sie ihn auf einen Griff auf: geübt ist geübt ... Die 'Sexy Folies‘

Dienstagabend spät. RTL plus, die schöne blonde Ansagerin lächelt mich an - „Ich frage mich die ganze Zeit, wer da eigentlich behauptet hat, daß Erwachsene den Spaß am Spiel verloren haben“, sagt sie, und dann: „Stimmt doch gar nicht, ich meine, es hat sich alles nur ein bißchen verschoben, ein bißchen geändert im Laufe der vielen Jahre. Früher waren unsere Spiele bunt und laut, heute sind sie eher stimmungsvoll und gehen unter die Haut. Wann und wie, das sehen Sie (direkt nach der folgenden Werbung) - bei den 'Sexy Folies‘ ...“ Na gut, warum nicht? Sexy Folies - sexy Verrücktheiten?

„Pariser Erinnerungen“, da will ein Pärchen lauter Fotos von sich mit anderen Leuten - sie mit Männern, er mit Frauen, irgendwelchen. Was die alles mitmachen vor der Kamera: Küssen, Knutschen, Hemd aus. Naja. Bißchen lang und wo bleibt der Sex? Der zweite Beitrag „Les filles de lui“, da geht es um die scharfen Mädels vom scharfen „Lui“, wo kommen die her, wo geh'n die hin, wie werden so die Fotos gemacht: Was lerne ich? Ganz normale Mädchen, Rosinen im Kopf, werden in der U-Bahn oder sonstwo angesprochen, fallen einer Agentin von „Lui“ in die Hände, dann den Fotografen, die trimmen sie auf sexy, Klick, und danach machen sie weiter oder sie verschwinden wieder in der U-Bahn. Die Agentin redet über die Mädchen wie über Waren: sind sie ja auch für sie. Die Männer in der Bildredaktion sind noch ein Stück zynischer - die da ist platt wie ein Pflasterstein aber die da, die aus Brasilien, die hat's ... Jede Menge nackter Hintern sind zu sehen, natürlich auch Brüste.

Der nächste Beitrag geht ein Stück weiter: Lustschreie heißt er und es sind lauter heiße Stellen aus allen möglichen Filmen: Geschlechtsverkehr, also nicht direkt Porno, das kann man nicht sagen, aber doch deftig. Dann kommt ein Mensch, von dem ich nichts gehört habe, der aber offensichtlich ein französischer Sänger ist, und plaudert mit einer Unsichtbaren darüber, wie er's so treibt, und nun erfahre ich, daß er gerne Mozart hört dabei, aber daß afrikanische Musik doch den besseren Rhythmus hat, daß er rät, wenn man ins Freie gehen will, ein Handtuch unterzulegen, und dann denkt er lange darüber nach, ob er nun hetero, homo oder bi ist. Da merke ich, was mich schon die ganze Zeit ärgert: wie schlampig die ganze Sendung gemacht ist, einfach voice over, Übersetzungen viel zu spät und an verkehrter Stelle.

Das Stück danach: Vorher graue Maus, nachher schrille Ziege, das zeigten unsere Frauenzeitschriften seit Jahrzehnten: Machen Sie das Beste aus Ihrem Typ ...

Dann wieder was Nacktes - die Krankenschwester, die dem Patienten was vorstrippt. Hübscher Hintern, aber das kannte man auch alles schon aus diversen Krankenschwesternreports. Trotzdem die vage Neugier, ob denn die „Aktion weiße Haube“ von damals heute gegen RTL vorgeht?

Und schon ist die Sendung zu Ende, und die Ansagerin darf wieder reimen: „Sehen Sie, liebe Zuschauer, es ist doch was Wahres dran: Liebe, Lust und Leidenschaft ist nämlich das, was wirklich Spaß und Freude schafft.“

Sexy Folies - Wahnsinns-Sex aus Frankreich: das einzig Spannende wäre herauszukriegen, wie die es geschafft haben, daß eine so schlaffe halbe Stunde doch so peinlich sein kann.

Christine Lemmen

Zum Rauskürzen:

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