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Verweis für Amberger Richter

Förmliches Disziplinarverfahren gegen Amberger Richter und BBU-Vorstand Wilhelm wegen seines Engagements gegen die WAA in Wackersdorf zu Ende / Zahlreiche Vorwürfe wurden fallengelassen  ■  Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) - Mit einem Verweis endete das seit Januar des vergangenen Jahres laufende „förmliche Disziplinarverfahren“ gegen den Amberger Richter Helmut Wilhelm. Das Richterdienstgericht beim Oberlandesgericht Nürnberg hält es für erwiesen, daß Wilhelm, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshof, in fünf Fällen gegen das Mäßigungsgebot für Beamte verstoßen hat.

Wilhelm wurden drei Reden bei Protestveranstaltungen gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (WAA) angelastet. Dabei soll er von „Bespitzelung und Kriminalisierung von Umwelt- und Friedensinitiativen“ geredet und der CSU vorgeworfen haben, die „Oberpfalz an die Atom-Lobby und die DWK verkauft“ zu haben. Damit, so die Begründung für den Dienstverweis, habe Wilhelm gegen die Pflichten des Richters verstoßen, „sich innerhalb und außerhalb seines Amtes auch bei politischer Betätigung so zu verhalten, daß das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird“.

Ins Rollen gebracht hatte das Disziplinarverfahren der jetzige Innenstaatssekretär Günther Beckstein. Dieser hatte schon im Januar 1986 Wilhelm die Leitung der Atommüllkonferenz in Amberg angekreidet. „Der Mann muß sich schon eine gute Ausrede einfallen lassen, will er vermeiden, daß seine Existenz gefährdet wird“, erklärte damals Beckstein. Aus der langen Laufzeit des Verfahrens und der Tatsache, daß von ursprünglich zwölf Vorwürfen nur fünf geblieben sind, zieht Wilhelm den Schluß, daß die Staatsregierung die Disziplinarverfahren nicht mehr hochkochen wolle. So war im jetzigen Urteil kein Wort mehr davon enthalten, daß er bei der ersten Hüttendorfräumung verhaftet worden und nicht zu seinem Dienst erschienen ist beziehungsweise daß er in der taz einen Kommentar verfaßt hatte.

Die Disziplinarverfahren gegen den Schwandorfer Landrat Schuierer und den katholischen Pfarrer und Religionslehrer Feichtmeier laufen weiter.

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