Andy Warhol: Promoter

■ Heute abend, 21 Uhr, im Kairo: No POP VIDEO EXTRA

Das Revival-Karussell dreht sich immer schneller. Bei dem Tempo kann es nicht mehr lange dauern, die Gegenwart als die beste aller Zeiten zu feiern. Die heutige Videoauswahl im Kairo läßt zuerst noch die 60er hochleben, steigt mit dem zweiten Film aber schon in die 70er ein. „The south bank show“ hat ein (Fernseh-) Special über Velvet Underground zusammengestellt. „Underground“ existierten nur vier Jahre und zerfielen, als Lou Reed seine erfolgreiche Solo-Karriere startete. Auf dem Höhepunkt der Flower-Power-Friede-Freude -Eierkuchen-Bewegung legten sie mit ihren vier Scheiben den Grundstein für Bowie, den Talking Heads, die Punk -Generation. Richard Goldstein schrieb damals: „The whole sound seems to be a product of a secret marriage between Bob Dylan and Marquis de Sade.“.

Die Video-Reportage ist nicht gerade eine Augenweide, bietet dafür aber umso mehr Fakten und Interviews mit den ehemaligen Band-Mitgliedern. Mitschnitte von Konzerten, kurze Filme von und über den Freundeskreis, in dessen Zentrum Pop-Artist Andy Warhol stand. Er war wahrscheinlich der wichtigste Motor amerikanischer Kunst in dieser Zeit. Die Warhol-Factory steht für eine Unzahl kreativer Prozesse. Die „modernen“ Ikonen Warhols, von denen sein Bildnis der Monroe am berühmtesten geworden ist, die Musik von „Velvet Underground“ und eine Anzahl von Filmen.

Warhol ist der populärste Experimentalfilmer geworden. Am Anfang standen Realzeitstudien wie „Sleep“, wo er nichts weiter tut, als einen Schläfer zu beobachten, allerdings über Stunden! Oder „Empire“: selbe Grundidee, anderes Objekt. Nach anfänglich strapaziösen Werken wurden seine Filme konventioneller und verloren immer mehr Spontaneität. „Fuck“, „Flesh“, „Trash“ sind noch radikale Auseinandersetzungen mit Drogen und Sexualität und lösten bei ihren Kinostarts Wunder aus.

„Bad“ allerdings, der ebenfalls unter dem Namen Warhols gezeigt wird, ist wie viele späte Filme nur noch von ihm produziert. Regie hat Paul Morissey.

Eine Frau führt ein Büro, welches Aufträge für Verbrechen entgegennimmt, welche dann ebenfalls von Frauen ausgeführt werden müssen. Ein Hollywood-Plagiat, in dem shock-und crime, Gewalt und Unterhaltung die Hauptrolle spielen. Ein NO POP VIDEO EXTRA, ein Ende-der-60er-Mitte-der-70er-Jahre„ -Abend von und mit und durch und durch Warhol, allerdings ohne Warhol. Alles klar?

Roland Mayer