Viel Platz für UmsteigerInnen

■ Jetzt umsatteln auf Busse und Bahnen / „Park and Ride“ noch längst nicht ausgelastet / Parkplätze am falschen Ort / Park & Ride direkt an der City ist ein Widerspruch in sich

Die Blechkisten haben sich auf eisglatter Fahrbahn keck in die Kreuzung hineingewagt. Nun stecken sie fest. Aus allen Richtungen strömen weitere Autos in das stinkende Knäuel, die Verkehrsampel nimmt niemand mehr ernst. Mit blinkenden Warnlichtern stehen die ersten verbeulten Opfer des Verkehrsgemuddels in der rechten Spur.

Dieses Winter-Szenario müßte nicht sein. Umsteigen auf Busse und Bahnen wäre eine sinnvolle Alternative, aber noch zu wenige tun es: Etwa 40.000 zusätzliche Fahrgäste pro Tag zählt die Bremer Straßenbahn, wenn Väterchen Frost regiert und die Straßen in Bahnen verwandelt.

Auch für EinpendlerInnen gibt es entlang den Bundesbahn -Strecken, die nach Bremen führen, selbst im Winter häufig noch freie Park-&-Ride-Plätze. Im Bahnhof Vegesack zum Beispiel stehen 106 Stellplätze zur Verfügung. Die Verbindungen mit der Bahn in die City sind nicht

schlecht, die Gebühren für den Stellplatz niedrig: eine Mark pro Tag, drei pro Woche und sieben pro Monat. Trotzdem sind im Schnitt nur 70 Prozent der Stellplätze belegt.

Ortstermin an einem anderen Park-&-Ride-Parkplatz: Huchting, Norderländer Straße, freitags gegen 13 Uhr. Die stau- und unfallträchtige Bundesstraße 75 aus Delmenhorst ist auf Betonsäulen hochgeständert, die Straßenbahnlinie 6 läuft parallel. Unter der Straße sind knapp 300 kostenlose Stellplätze angelegt. Die Haltestelle der 6 ist genau gegenüber; es gibt sogar eine funktionierende Rolltreppe. Fahrtzeit bis zum Brill: 14 Minuten, Zugfolge während der Rushhour: fünf Minuten. Trotzdem stehen unter der aufgeständerten B 75 - auf Staatskosten geschützt vor Regen und Schnee - nur ein paar Dutzend Autos, meist mit Delmenhorster oder Diepholzer Kennzeichen. Der Park-and-Ride -Platz wird so wenig genutzt, daß die

Behörden einen großen Teil der Parkfläche abgeteilt und zum Wohnwagen-Stellplatz erklärt haben. Dichtgedrängt stehen dort mit behördlichem Segen monatelang die Caravans.

Ob mit niedrigen Gebühren (bis zu elf Mark im Monat) oder gratis: Park-&-Ride an Bremens Peripherie ist längst nicht am Rande seiner Kapazität. Ursache für die Aschenputtel -Existenz ist eine verfehlte Auto-Politik. Bremens Verkehrslenker nämlich orientieren die einströmenden Benzinkutschen - vor allem an den verkaufsoffenen Sonnaben

den - auf die Bürgerweide, die 3.000 Fahrzeuge schlucken kann. Dort sorgt ein Bus-Pendelverkehr täglich für den Weitertransport von bis zu 10.000 Kauflustigen in die Innenstadt. Um aber auf den citynahen Mammutparkplatz zu gelangen, müssen sich die Blechlawinen durch Wohnquartiere quälen. Park-&-Ride am Rande der City, urteilen Verkehrsexperten, ist ein Widerspruch in sich. Hilflose Appelle im Verkehrsfunk, bitte öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, fruchten nichts, solange Hinweise fehlen, wo mensch umsteigen kann. Zu

wenig Werbung für Park-and-Ride gerade im Umland bemängeln deshalb Bremens Grüne. „Statt dessen wird der Weg in die City-Parkhäuser mit Salz freigehalten“, empört sich die Beirats-Koordinatorin für Stadtentwicklung, Claudia Rutsch.

Zum Verkehrschaos in Spitzenzeiten trägt auch die geografische Lage der Großgaragen bei. Die Parkplatz GmbH hält 3850 Parkhaus-Plätze mitten in der City bereit - mehr als das Doppelte der P-&-R-Plätze an der Peripherie. Das lockt den Verkehr erst recht ins Zentrum. b