Galgenfrist

■ Hinrichtung der Männer, denen der Mord an Indira Ghandi und Verschwörung vorgeworfen wird, wird ausgesetzt

Neu Delhi (dpa/afp) - Eine Galgenfrist von fünf Tagen gab das höchste indische Gericht dem Mörder der Premierministerin Indira Gandhi und dem gleichfalls zum Tode verurteilten „Verschwörer“ am Donnerstag abend. Wenige Stunden vor der geplanten Exekution am Freitag morgen gewährten die Richter dem 25jährigen Satwant Singh und dem 53jährigen Kehar Singh erneut Hinrichtungsaufschub. Der Kampf der Verteidiger ums Überleben ihrer Mandanten geht nun auf allerhöchster Ebene weiter. Denn die Anwälte haben jetzt die Entscheidung des indischen Staatspräsidenten ins Visier genommen. Er hatte Ende November ein Gnadengesuch des Ex -Beamten und angeblichen Verschwörers Kehar Singh abgelehnt. Für die Regierung wäre ein erneutes Aufrollen des Falls höchst peinlich, denn der Staatspräsident - so berichtete die regierungstreue Tageszeitung 'Hindustan Times‘ - lehnte eine Begnadigung auf ausdrückliche Empfehlung des Kabinetts von Premierminister Rajiv Gandhi ab.

Politische Wochenmagazine und Tageszeitungen weisen daraufhin, daß es keine echten Beweise dafür gibt, daß Kehar eine Verschwörung gegen Indira Gandhi angezettelt hat, die am 31.Oktober 1984 mit der Ermordung durch Satwant Singh und den (kurz danach unter mysteriösen Umständen erschossenen) Beant Singh endete. Sollte das Bundesgericht der Verteidigung am Dienstag recht geben, dann müßte der Präsident erneut über das Gnadengesuch des Sikhs, der stets seine Unschuld beteuert hat, entscheiden.

Bereits am Mittwoch wurde in den Staaten Punjab, Haryana und Himachal Pradesh die höchste Alarmstufe angeordnet. Dort rechnet man im Falle einer Urteilsvollstreckung mit Vergeltungsanschlägen extremistischer Sikhs. Die Regierung des Staates Kaschmir verstärkte gar die Beobachtung und Kontrolle der Staudämme, und das Tihar-Gefängnis in Neu Delhi, in dem die beiden Sikhs gehenkt werden sollen, wird inzwischen wie eine Festung bewacht.