„Vor der Entscheidung“

■ FMLN-Guerillaführer auf Lateinamerika-Tour / Gespräche mit vier Staatspräsidenten

„Heute ernten wir, was wir seit Jahren gesät haben: Die Krise El Salvadors nähert sich dem Moment ihrer Entscheidung.“ Joaquin Villalobos, ehemaliger Philosophiestudent und heutiger Oberbefehlshaber des „Revolutionären Volksheeres“ (ERP), einer der fünf Organisationen der Guerilla FMLN, hat in den letzten fünf Jahren nur einmal die Berge im salvadorianischen Norden verlassen. Bei diesem zweiten Mal ist er mit Leonel Gonzalez, der wie er zur fünfköpfigen Führung der FMLN gehört, auf eine dreiwöchige Goodwill-Tour durch Lateinamerika gegangen, um über das „explosionsartige Anwachsen der revolutionären Bewegung“ in El Salvador zu berichten. In allen Landesteilen, einschließlich der Städte habe die Guerilla eine hohe Aktionsfähigkeit erreicht, auch die Gewerkschaften und die Massenorganisationen seien stark angewachsen.

Immerhin konnten die FMLN-Führer mehreren Staatspräsidenten ihre Lagebeurteilung vortragen: in Peru, Ecuador, Panama und Costa Rica wurden sie auf höchster Ebene empfangen und konnten ihr Modell eines künftigen El Salvador nach der Revolution zu skizzieren: Da war die Rede von „Gemischter Wirtschaft, Blockfreiheit, demokratischem Heer, politischem Pluralismus und individuellen Freiheiten“. Trotz ihres Optimismus wollten die Kommandanten allerdings nicht bestätigen, daß noch in diesem Jahr zum „Volksaufstand“ aufgerufen wird.

Reimar Paul (Mexiko-Stadt)