Seh'n oder Nichtseh'n

■ Samstag, ZDF: „Wetten, daß...? “ zum letzten Mal im alten (!) Jahr

An die geriatrische Abteilung des ZDF:

Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit möchte ich mich, auch im Namen unserer Interessengemeinschaft „Altes Eisen wieder jung“, herzlich bei Ihnen bedanken für die Zusendung von „Wetten, daß...?“ am Samstag abend. Es war für unseren Seniorenkreis, der ausnahmsweise aufbleiben durfte bis 22 Uhr, ein unvergeßliches Erlebnis.

Seit dem Tod des großen Rudolf Schock haben wir so etwas Herzergreifendes wie den Tenor Jose Carreras nicht mehr sehen dürfen. Und es war ja nicht nur diese goldene Stimme, nein, auch die Herrschaften mit den Kerzen in der Hand und den farbenfrohen Hüten auf dem Kopf, die Herrn Carreras stimmungsvoll umringten, als er das „Ave Maria“ sang einmalig! Bitte laden Sie ihn baldmöglichst wieder ein. Ich habe gleich eine Unterschriftenliste ausgelegt, auf der sich schon zehn Mitglieder unserer oben erwähnten Interessengemeinschaft eingetragen haben. Sobald alle zwanzig unterschrieben haben, schicke ich Ihnen die Liste zu, will Ihnen aber jetzt schon verraten, daß wir uns für seinen nächsten Auftritt von Herzen wünschen, er möge ein deutsches Lied singen. Sicher sehen Sie da eine Möglichkeit.

Große Freude hat uns auch das Wiedersehen mit Hildegard Knef bereitet. Diese großartige Frau läßt sich ja wirklich nicht unterkriegen und malt sogar seit neuestem. Herr Wilpertshagen, der beim Fernsehen neben mir saß und der, ich sage das ungern, etwas bösartig ist, wollte bemerkt haben, daß Frau Knef alles nicht mehr so recht mitbekommen hat und am Ende der Dreirad-Wette, als der Applaus schon wieder vorüber war, gesagt haben soll: „Wie ist die Wette ausgegangen?“ Ich glaube das nicht. Denn ich habe genau gehört, wie sie über ihre Malerei sagte: „Alte Leute malen sich fabelhaft“. Und wer so etwas sagt, ist doch noch ganz bei Trost, meinen Sie nicht? Schade fand ich aber, daß dann auf ihren Bildern, die man gut sehen konnte - meine kleine Urenkelin malt übrigens ganz ähnlich -, nur diese sogenannten „Rocker“ in Amerika zu sehen waren. Muß es denn immer das Ausland sein?

Sehr glücklich waren wir über das Erscheinen von Gert Haucke mit seinem Hundi Otto. Herr Haucke hat ja sein Buch über Hunde vorgestellt, aber ohne Schutzumschlag, weil er nicht werben wollte. Wären Sie wohl so freundlich, mir den Titel mitzuteilen? Ich würde das Buch gerne meiner alten Freundin, Frau Sagebiel, zu Weihnachten schenken. Als sie Herrn Hauckes Bulldogg Otto sah, mußte sie gleich weinen und sagte: „Als wäre mein ausgestopfter Putzi wieder lebendig geworden.“

Die Wetten haben uns diesmal auch sehr gut gefallen. Vor allem die Dreirad-Wette: Wir mußten Tränen lachen, als die elf jungen Männer auf dem Kinderdreirad zehn Meter weit gefahren sind, und alles ohne Bodenberührung. „Zu komisch“, rief Herr Hackmann ein übers andere Mal. Er ist früher Oberst gewesen und lacht sehr selten.

Nun will ich aber zum Ende kommen und Ihnen nur noch mitteilen, daß wir seit Samstag sogar mit Thomas Gottschalk versöhnt sind. Für uns Senioren ist er ja immer ein bißchen zu frech und jugendlich gewesen. Aber vielleicht haben ihn die vielen Leserzuschriften endlich zur Einkehr bewogen. So soll er bleiben! Bitte übermitteln Sie ihm unseren allerherzlichsten Dank. Daß wir, mit Hilfe von Schwester Gundula, Herrn Gottschalk Weihnachtsplätzchen backen, soll eine Überraschung sein.

Hochachtungsvoll

Sybille Simon-Zülch