Warum noch arbeiten?

■ Sozialhilfe bezogen und Geld verdient

Nicht gerade ein menschlich schönes Verhalten, bescheinigt der Richter Klaus Richter dem früheren Freund der Angeklagten, Birgit B. Denn gerade dieser Herr, der lange im Knast von Frau B. finanziell unterstützt wurde und drogenabhängig ist, schwärzte sie nach Ende der Beziehung an. So flog auf, was am Mittwoch vor dem Amtsgericht verhandelt wurde. Kurz und schmerzlos ging der Prozeß über die Bühne, die Angeklagte gab alles zu, die einzige Zeugin konnte ohne Vernehmung entlassen werden.

Die 28jährige Angeklagte hat seit Jahren Sozialhilfe bezogen und nebenher gearbeitet, sie trug allmorgentlich Zeitungen aus und putzte für eine größere Firma. Ihr Delikt: sie zeigte diese Nebentätigkeiten nicht ordnungsgemäß an. Die Anklage lautet „Betrug“, insgesamt soll sie die Solidargemeinschaft um über 17.000 Mark geprellt haben. Eine stolze Summe, zusammengekommen innerhalb von gut zwei Jahren. Zu ihren Gunsten spricht, daß sie das verdiente Geld nicht für sich verwendet hat, also „altruistische Motive“ hatte, wie Richter meint. Außerdem ist sie voll geständig, „erkennbar einsichtig“ und nicht vorbestraft. Und zudem: „Die Hilfe durch das Sozialamt ist zu wenig“, so sowohl der Staatsanwalt als auch der Richter. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren fällt die Strafe milde aus: 90 Tagessätze a‘ 20 Mark ausgesetzt zur Bewährung, die Verfahrenskosten trägt die Angeklagte. Die einzige Auflage: den Schaden soll sie „nach Kräften“ wiedergutmachen. Momentan zieht ihr das Sozialamt bereits 50 Mark im Monat von der Finanzhilfe ab. Zeitungen trägt sie weiter aus, als Lohn bleiben ihr nun nur noch 155 Mark im Monat von den verdienten 360; als „Bonus“ für die Arbeit, wie das Sozialamt meint.

Doris Burger