SAG JA ZUR PEINLICHKEIT?

■ Die Schwabenoffensive mit „Komm du bloss hoim!“ im Eiszeit

Herzhaft derb wie ein ländliches Essen bringt es die Drohung im Titel auf den Punkt. Bald ist es wieder so weit, die Weihnachtszeit rückt nah und näher und bringt Avantgarde wie Berliner Szene heim unter den Weihnachtsbaum. Wird dieser im Schwabenländle aufgestellt, dann ist er sicher nicht nur preisbewußter geschmückt, sondern dann droht der Kulturschock auch in umgekehrter Heimkehr-Richtung. Das schlechte Gewissen, Landesverrat in der Ferne zu begehen, drückt das Schwabenherz.

So geben die drei von der Seelen-Tankstelle „Schwabenoffensive“ mit „Komm du bloß hoim!“ die imginäre Drohung der schwäbischen Eltern weiter ans Publikum. Mit 18 kabarettistischen Szenen, zum Teil ohne Ziel und Ende, aber auch köstlich geschmacklos, sind sie ausgezogen, systematisch alle Vorurteile zu bestätigen. Zum Beispiel so: Satt unter dem röhrenden Hirsch sitzen Schwabenmutter (Susanne Scholl aus Sindelfingen, souverän in allen Rollen) und Schwabenvater (Albrecht Metzger hat offensichtlich nach Rockpalastzeiten „German Television proudly presents“ endlich wieder nach Unteraichen gefunden) unter dem expressiven, aber dennoch naturgetreuen Kinoplakat der „Brücke am Kwai“. In der grundsoliden Fernsehfamilie, auch ein Sohn ist akustisch durch Übungs-Jodler zu hören, wofür er von seiner Mutter stereotyp verteidigt wird, pflegt man des Abends auch grundsolide Hobbys. Nach dem Motto „abwaschbar und preisgünstig“ wird die Freizeit beschäftigt. So hat der völlig verlorene Sohn (Jakob Wurster, Schwäbisch Gmünd) sich von Walkman (gesprochen wie geschrieben) und Saxophon - nicht nur modisch, sondern vor allen Dingen in der Anschaffung zu teuer - auf das unschöne und regional unpassende Jodeln verlegt.

Vater und Mutter hingegen beschäftigen sich statt mit Laubsägearbeiten, anfallende Späne wären ja verlorenes Material, mit Bastelarbeiten aus Streichhölzern. Er konstruiert nach dem Modell des Filmplakates die Brücke am Kwai und gibt laufend Anweisungen. Sie präpariert in fleißiger Kleinarbeit am Küchentisch das Baumaterial - „Nur ganz kurz abbrennen!“ - und zählt die Anzahl der Hölzchen pro Schachtel nach. „Wenn die nur in jeder zweiten Schachtel zwei Hölzchen weniger reintun, macht das bei so und soviel Schachteln fünf Pfennig Reingewinn!“ Da empört sich die redliche Schwabenseele, und offensive Schwaben („Wir sagen ja zur Peinlichkeit!“) wie skeptische und langzeitgeschädigte Schwabenhasser - durch Wohngemeinschaften etwa - können hier mit dem jubelnden Heimspielpublikum sich lachend abarbeiten, sich identifizieren und wiederfinden.

Aber das sind die eher dünn gestreuten Sternstunden der Schwabenoffensive, die auch ohne Kunstanspruch und mit Volkstheatermentalität häufig weitschweifig langweilt und einfach nicht zu Potte kommt. Aber das wußte man ja schon vorher: So sind sie halt, die Schwaben.

Susanne Raubold

7. bis 10. und 14. bis 17. Dezember 21 Uhr im Eiszeit, Zeughofstr. 20, 1/36, U-Bahn: Görlitzer Bahnhof, Tel.: 611 60 16.