Heißer Winter zum Uni-Jubiläum

■ An der Berliner Freien Universität sind 16 Institute besetzt / Protest gegen Wende in der Hochschulpolitik

„Euch die Feier - uns die Uni!“ ruft ein Student durchs Megaphon. Zur 40-Jahre-Jubiläums-Feier der FU hat der Protest gegen die konservative Hochschulwende seinen ersten Höhepunkt erreicht. Während in dem polizeiumstellten Festsaal große Reden geschwungen werden, haben die StudentInnen den Lehrbetrieb in der vergangenen Woche praktisch überall lahmgelegt und halten inzwischen 16 Institute besetzt.

Den Anfang hatte das Lateinamerika-Institut (LAI) gemacht. In einem Überraschungscoup hatte am Dienstag die rechte Professoren-Riege die Zerstückelung des bislang fächerübergreifend arbeitenden Instituts beschlossen. Die Reaktion der StudentInnen auf diese „Struktur-Reform“ kam prompt: Noch am selben Tag besetzten sie ihr Institut.

Damit war eine ganze Lawine von Protesten und Instituts -Besetzungen ins Rollen gekommen. Als erste folgten die Ethnologen. „Zunächst aus Solidarität mit dem LAI, aber wir haben wahrlich genügend eigene Gründe, um sauer zu sein“, so der Ethnologiestudent Joseph. „Gerade haben wir erfahren, daß die beiden Professuren, die uns seit Jahren versprochen werden, wieder nicht ausgeschrieben werden, und die Prüfungsbedingungen sind eh schon katastrophal. Auf 600 Studis kommt bei uns ein Prof!“ Auch an den anderen Fachbereichen hatte sich viel Wut aufgestaut, Wut über die jeweiligen Auswirkungen der „Umstrukturierungsmaßnahmen“, Mittelkürzungen und Stellenstreichungen, die jede einzelne StudentIn ganz konkret und ganz alltäglich zu spüren bekommt. Dazu kommt die mittlerweile miese materielle Lage vieler Studierender sowie die Wohnungsnot. Die große Selbstbeweihräucherung der ach so Freien Universität zu ihrem 40jährigen Jubiläum mit selbstgefällig-sattem Rückblick auf jene „wilde Zeit“ vor 20 Jahren hat das Faß zum Überlaufen gebracht. Immer mehr Institute wurden besetzt, selbst die Juristen und die Mediziner sind dabei. Und auch das große Zentralgebäude der FU, die „Rostlaube“, hat unter der Regie der StudentInnen „durchgängige Öffnungszeiten“ bekommen. Zu den Vollversammlungen erscheinen allabendlich mehr Leute, als der große Hörsaal verkraften kann. Die Unileitung ist bislang zurückhaltend. Man habe Verständnis für die Wohnungsnot, ließ das Präsidialamt verlauten. Deshalb werde man sich bis zum Sonntag den Besetzungen gegenüber tolerant verhalten. Doch darin sind sich die Studenten einig: Die Proteste und die Insititutsbesetzungen sollen auch über die 40-Jahr-Feier hinaus in der kommenden Woche weitergehen.

Bert Hoffmann