StudentInnen streiken weiter

In Berlin und Frankfurt reißt die Protestwelle nicht ab / Weitere Institute besetzt / Starke Polizeipräsenz in Berlin / Frankfurter StudentInnen lehnen 2-Milliarden-Sonderprogramm als unzureichend ab  ■  Von Hoffmann und Blum

Berlin/Frankfurt (taz) - An der Freien Universität in Berlin geht der Protest der Studenten auch nach der 40-Jahre -Jubelfeier unvermindert weiter. Gestern entschlossen sich auch die Geographen, die Mathematiker und die Studenten des John-F.-Kennedy-Instituts für Nordamerika-Studien dazu, ihre Institute zu besetzen. An den inzwischen 20 besetzten Fachbereichen diskutierten die StudentInnen gestern in Vollversammlungen und Arbeitsgruppen die weiteren Perspektiven des Protests. Auf einer Uni-weiten Vollversammlung soll heute um 14 Uhr das gemeinsame Vorgehen für die nächsten Wochen besprochen werden. Derweil hielt der Berliner Mathematik-Professor Mevert seine Wirtschaftsvorlesung am Montag vor rund 600 Studenten auf dem Wittenbergplatz in der Berliner City. Aus Protest gegen die überfüllten Hörsäle und den Dozentenmangel wollte man „lieber heute frieren als sich morgen verheizen lassen“.

Die studentische „AG gegen Wohnungsnot“ hält die dreistöckige Villa im Dahlemer Diplomatenviertel weiterhin besetzt. Die BesetzerInnen sind dabei, sich in dem seit fünf Jahren verfallenden Haus wohnlich einzurichten. Die Uni -Leitung gibt sich weiterhin zurückhaltend. Die Polizei zeigt im Uni-Viertel zwar eine starke Präsenz, aber eine gewaltsame Räumung der besetzten Institute - so die Einschätzung des AStA - ist zur Zeit nicht zu erwarten.

Am Montag beschlossen Vollversammlungen in einem Teil der Fachbereiche auch an der Frankfurter Universität die unbefristete Fortsetzung des Streikes. Die StudentInnen wiesen damit Forderungen von UNI-Präsident Klaus Ring zurück, der die StudentInnen zur Aufnahme des Lehrbetriebes aufgefordert hatte. Auf der Senckenberg-Anlage bauten die StudentInnen aus Protest gegen die Wohnungsnot Zelte auf, die JuristInnen wollen am Dienstag ab 11.00 Uhr vor dem Landgericht singend demonstrieren.

Die streikenden Frankfurter StudentInnen lehnen das 2 -Milliarden-DM-Hochschulsonderprogramm der Kultusministerkonferenz als unzureichend ab. Die jährlich 200.000 Mark, die jede Hochschule in der Bundesrepublik bis 1995 dadurch mehr erhalten würde, sind „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, erklärte der Zentrale Fachschaftenrat. „Unter dem Deckmantel der besonders überlaufenen Fächer werden speziell jene Studiengänge erwähnt, in denen arbeitsmarktorientiert ausgebildet wird“, berichten die StudentInnen. Dies sei der Versuch, die Studenten „auseinander- zudividieren“. Bei dem Programm handele es sich zudem um eine „bloße Willenserklärung“, der bislang keine konkreten Schritte folgen sollen. Die StudentInnen kritisierten weiter, daß sie bei „der Verteilung des jederzeit widerrufbaren Geldgeschenkes“ nicht mitbestimmen dürften.

Überhaupt seien keinerlei inhaltlich-strukturellen Forderungen der StudentInnen, - wie der Ausbau der feministischen Forschung, die Chancengleichheit der Studierenden, die Vermittlung von Forschung und Lehre sowie die Mitbestimmung der StudentInnen bei Lehrinhalten und bei der Vergabe von Mitteln oder bei Forschungsprojekten erfüllt worden.