Nikolaus mit Notprogramm

■ Das Lagerhaus leidet: Von 7 ABM-Stellen darf es nur 2 behalten und das ausgerechnet für Baukoordination und Haustechnik / Hoffen auf Haushaltsberatungen

Es gibt Kaffee und Kuchen, sonst gibt es eigentlich gar nichts. Das ist seit ein paar Monaten immer so, wenn es in Bremen um ABM geht.

Das Lagerhaus-Büro arbeitet nicht. Betroffen davon sind: Raumvermittlung, Organisation und Durchführung von Kulturveranstaltungen, politischen Veranstaltungen, Festivals und Seminaren, der gesamte Kinderbereich, die Arbeit in politischen Gremien, Nachbarschaftskontakte, so steht es in der Presseerklärung. „Von sieben Lagerhaus -ABM-Stellen laufen derzeit nur noch zwei und das auch nur bis Juni '89“, sagt Bernd Scheda, der immerhin eine der ABM -Stellen des Trägervereins Lagerhaus für den Bereich Baukoordination und Haustechnik innehat. Die andere hat ein Elektriker. „Wir können natürlich jetzt nicht Sozialarbeit machen oder so was“, sagt Scheda, „ich nicht und der Elektriker schon gar nicht.“ Und wer Sozialarbeit oder so was machen könnte, hat keine ABM.

Die Bearbeitung der Lagerhaus-Büro-und Verwaltungs-ABM liegt zur Zeit „auf Eis“. Anträge aber, die in der letzten ABM-Vergabeausschuß-Sitzung nicht mehr bearbeiteten werden, verfallen pünktlich zur Silvesterparty, müssen '89 neu gestellt und nach den geänderten Kriterien der voraussichtlich am 16.12. endgültig verabschiedeten AfG -Novelle bearbeitet werden - was er

fahrungsgemäß etwa ein halbes Jahr beansprucht, also bis Juni '89 dauern würde. Darum gibt es im Lagerhaus ab Nikolaus bloß noch ein Notprogramm. Die nicht verlängerten ABMler nämlich (3 Kulturarbeit, 1 Verwaltung, 1 Sozialarbeit, 1 Handwerker) müssen ihren Jahresurlaub nehmen, die verbliebenen (1 Baukoordination, 1 Haustechnik, 1 Finanzen bis 28.2.) fühlen sich für Programmgestaltung nicht direkt zuständig. Niemand mehr zuhause also.

Per Presseerklärung werden jetzt Schreibtische, Blumen, Kaffeemaschinen und Teppichboden angeboten, Büroausstattung im Ausverkauf. Einen Schreibtisch (mit Stuhl) aber wollen sie behalten: An zwei Tagen der Woche wird ein Teil der Arbeit weiterhin ehrenamtlich geleistet.

„Das geht natürlich eigentlich gar nicht“, sagt Scheda, „wir haben z.B. mit 2 Konten angefangen. Jetzt haben wir über 60. Da brauchst du schon einen Computer und EDV -Kenntnisse. Das schafft man nicht ehrenamtlich.“ Angefangen übrigens hatte man 1978, als Kulturinitiaven das ehemalige BREMA-Gebäude in der Schildstraße besetzten. Nach ersten Renovierungsarbeiten wurde 1983 ein Nutzungsvertrag zwischen dem Senator für Jugend und Soziales (als Bedarfsträger) und dem Trägerverein Lagerhaus unterschrieben, der das Gebäude

seither mietfrei nutzen darf aber selbst unterhalten muß (mit rund 100.000 DM pro Jahr).

Von den Kürzungen bzw. der ABM-Anträge-Aufschiebe-Taktik bedroht sind vor allem das Projekt Hauptschulabschluß für ausländische Jugendliche, die Kinderkulturarbeit (Spielprogramme), Kulturveranstaltungen und Beratung. Über 2 verbliebene (von 9 beantragten) ABM-Stellen der Lagerhaus-Nutzergruppen können lediglich der interkulturelle Spielkreis und der türkische Jugendverband aufrecht erhalten werden.

„Die Forderung“, so Scheda, „geht jetzt auch weniger in Richtung ABM. Das ist eigentlich sowieso nur etwas für zeitlich befri

stete Projekte. Damals haben uns immer alle geraten: Gründet 'nen Trägerverein, beantragt ABM, über die Folgefinanzierung unterhalten wir uns dann. Das ist aber nie passiert.“

Heute möchte das Lagerhaus lieber einen festen Etat aus dem Bremer Haushalt (nicht aus den je nach Haushaltslage vergebenen Lottomitteln), aus dem Kultur-, Sozial- und Beratungsarbeit finanziert werden könnten. Das Lagerhaus fordert pro Jahr 100.000 Mark Betriebskostenzuschuß, 100.000 Mark Projektgelder und 400.000 Mark für Löhne und Gehälter. „Wir wollen keine Planstellen“, sagt Scheda, „wir wollen niemanden auf Lebenszeit einstellen.“

Petra Höfer