Kriegs- und Katalogdienst

■ Kooperationsvertrag zwischen Oldenburger Uni-Bibliothek und Rüstungsfirma unterzeichnet / Uni bietet Sachverstand und bekommt 300.000 Mark Drittmittel

Nicht nur für Geld, für die Wissenschaft, für die BenutzerInnen oder gar den niedersächsischen Landesherren arbeiten die Bediensteten der Oldenburger Universitäts -Bibliothek - sondern für eins der größten US-amerikanischen Rüstungs-Unternehmen. Dabei tun sie in bester Absicht nur die Arbeit von Bibliotheks-Angestellten: Bücher bestellen, katalogisieren, inventarisieren und ausleihen, Rechnungen und Mahnungen schreiben, recherchieren. Und das tun sie mit Hilfe eines vollautomatisierten EDV-Systems, das es in den nächsten drei Jahren weiterzuentwickeln und an den deutschen Sprachbereich anzupassen gilt.

Gestern wurde in Oldenburg

ein Kooperationsvertrag zwischen der seit Jahren computer orientierten Uni-Bibliothek und der Computerfirma McDonnell Douglas Information Systems unterzeichnet. Und McDonnell ist nicht nur Computerfirma, sondern Tochter des US-Rüstungsgiganten, der sein Geld hauptsächlich mit Kampfflugzeugen und Panzer-Abwehr-Hubschraubern macht - in der Presseerklärung als „Flugzeug- und Elektronikkonzern“ verharmlost.

„Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit“, freute sich der Pressesprecher der Uni, Harms. Allerdings: McDonnell will sein Programmpaket für Bibliotheks-Automatisierung bundesweit marktfähig machen und braucht dazu

ein Praxisfeld. In der Entwicklung und Programmierung von Bibliotheks-Software haben die OldenburgerInnen erstens Sachverstand und zweitens langjährige Erfahrung zu bieten. Im Gegenzug bekommt die Uni 300.000 Mark Drittmittel für Personal und vor allem für neue EDV-Geräte, obendrauf nochmal 80.000 Mark Sondermittel des Landes, nachdem der niedersächsische Wissenschaftsminister „den Modellcharakter des Projekts erkannt“ hat, wie es heißt.

Die MitarbeiterInnen sind nicht erfreut über den Vertrag. „Warum wird der Sachverstand der Mitarbeiter an einen solchen Konzern verkauft? Wie weit muß man gehen, um Mittel für eine öf

fentliche Einrichtung einzuwerben?“ kritisierte eine MitarbeiterIn gegenüber der taz.

In den oberen Etagen gibt es da weniger Bedenken. „Ich hab‘ da keine Probleme mit“, erklärte fest der stellvertetende Bibliotheks-Leiter, Hans-Joachim Wätjen, gegenüber der taz, „es gibt ja kaum Unternehmen, die nicht in der Rüstung drinhängen. Und meine Siemens-Kaffeemaschine benutze ich zu Hause schließlich auch.“ Als „etwas unernsten“ Weg, mit dem Dilemma fertigzuwerden, hatte Wätjen noch parat: „Man könnte das auch als einen Weg zur Diversifizierung sehen, wenn solche Produktionszweige wichtiger werden als die Kriegsproduktion...“ Susanne Paa