Riskante Rückkehr

■ Türkischer Gewerkschaftsfunktionär will trotz Haftbefehl heimkehren / Bürgerschaftsabgeordnete appellieren an türkisches Innenministerium

Seit acht Jahren hält die türkische Polizei einen Haftbefehl für ihn bereit, trotzdem will Murat Tokmak am kommenden Samstag nach Istanbul zurückkehren. Gestern saß er im Foyer der Bürgerschaft, um sich der Unterstützung Bremer Parlamentarier zu versichern. Barbara Noack (SPD) und Paul Tiefenbach (Grüne) wollen sich mit Briefen an den türkischen Innenminster wenden, um zu sig nalisieren, daß sie das weitere Schicksal Tokmaks beobachten. Tiefenbach will den Innenminister um einen „fairen und rechtsstaatlichen Umgang“ mit dem Rückkehrer bitten.

Als das Militär im September 1980 in der Türkei putschte, war Murat Tokmak stellvertretender Vorsitzender des Metallarbeiterverbandes im linken Gewerkschaftsbund „Disk“. Die Militärs verboten die Gewerkschaften und stellten ihre Funktionäre vor Gericht. Murat Tokmak tauchte unter. Später floh er ins Ausland. Hamburg gewährte ihm Asyl und

Sozialhilfe. Heute ist Tokmak 40 Jahre alt. Er hat schütteres Haar und lebhafte Augen. Am Revers trägt er das Abzeichen der IG Metall.

„Wenn die geltenden Gesetze angewendet werden, kann ich zwar in Haft kommen, aber nicht in Polizeigewahrsam.“ Tokmak hofft, daß ihm der Weg durch die Polizeireviere erspart bleibt. Denn dort droht ihm die Folter. Einen Prozeß fürchtet er dagegen weniger: Von den Funktionären der „Disk“ sitzt heute keiner mehr in Haft.

Tokmak kehrt nicht allein in die Türkei zurück. Acht Flüchtlinge vor der Militärdiktatur wollen mit ihm zusammen aus Dänemark, Schweden und England in ihr Heimatland zurückfliegen. Haydar Kutlu und Nihat Sargin, zwei Funktionäre der verbotenen kommunistischen Partei, reisten vor einem Jahr nach Ankara und sitzen noch heute im Gefängnis. Seine Frau und seine Kinder bleiben vorerst in Hamburg.

mw