Atlantischer Streit in Montreal

■ Bei der GATT-Tagung prallen die Interessen der US-Farmer und der europäischen Bauern aufeinander Washington beharrt auf Streichung der EG-Agrarsubventionen / Scheitern der Tagung nicht auszuschließen

Berlin (taz) - „Die Zukunft europäischer Bauern mit drei bis vier Hektar ist nicht meine Sorge. Der Vorgarten meines Hauses ist größer.“ Drastisch machte Patrick Leahy, Vorsitzender des Agrarausschusses im US-Senat, zum Auftakt der Montreal-Tagung den Kern des Streits deutlich, der die GATT-Tagung seit Montag beherrscht und möglicherweise heute zu ihrem Scheitern führt: die Konkurrenz zwischen 2,5 Millionen Großfarmern in den USA und den elf Millionen Bauern in der EG. Seit Beginn der Uruguay-Runde 1986 verlangt Washington immer drängender die völlige Streichung der EG-Agrarsubventionen, da diese zur „Verzerrung des Welt -Agrarhandels“ führten.

Angesichts ihres riesigen Haushaltsdefizits sind die USA dringend daran interessiert, die Subventionierung der eigenen Landwirtschaft zu beenden, die sich in den letzten Jahren auf jeweils rund 27 Milliarden Dollar belief. Das ist innenpolitisch aber nur durchsetzbar, wenn die EG denselben Schritt tut. Zwar hat Präsident Reagan kurz vor Beginn der Ministertagung die der EG ursprünglich gesetzte Frist bis zum Jahr 2.000 fallengelassen. Aber die USA beharren auf einer verbindlichen Zusage für eine „Nullösung“ und sind vorher nicht bereit, über kurzfristige Maßnahmen auch nur zu diskutieren. Die EG will auf die Subventionierung nicht völlig verzichten, da dann, so EG-Delegationsleiter de Clercq, „der gemeinsame Agrarmarkt und die Existenz von Familienfarmen“ gefährdet seien.

Bis zur Nacht auf Mittwoch boten die EG-Minister in Montreal nur das kurzfristige Einfrieren der milliardenschweren Subventionen und die Aufnahme von Verhandlungen über langfristige Reduzierungen an. „Frustrierend“ nannte es US-Unterhändler Amstutz, daß die Westeuropäer sich weigerten, über einen Zugang zum EG-Markt und mehr Wettbewerb zu diskutieren. Mit dem Hinweis, daß beim Start der Uruguay-Runde 1986 nur von einer Reduzierung, nicht aber von einer vollständigen Beseitigung der Agrarsubventionen die Rede gewesen sei, verließ EG-Kommissar Andriessen daraufhin türeschlagend den Saal. Falls es heute nicht doch noch zu einer Einigung kommt, wollen die USA ihre Agrarsubventionen erhöhen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat Senator Leahy bereits in der Schublade.

A. Zumach