: Kriminelle Energie vorm Landgericht
Berlins Innenstaatssekretär Müllenbrock erwirkt im Verfassungsschutzskandal Einstweilige Verfügung gegen SPD-Vorsitzenden / SPD spricht von Ablenkungsmanöver ■ Aus Berlin Wolfgang Gast
Im Skandal um den Berliner Verfassungsschutz (VfS) veranstalten die Verantwortlichen jetzt vor Gericht Scheingefechte. Innenstaatssekretär Wolfgang Müllenbrock zuständig für den Verfassungsschutz - hat beim Berliner Landgericht eine Einstweilige Verfügung gegen den Vorsitzenden der Berliner SPD-Fraktion Walter Momper erwirkt. Danach darf der SPD-Chef nicht mehr behaupten, Müllenbrock sei verantwortlich dafür, „daß die Akte des Journalisten Sontheimer inklusive einer Zusammenfassung für Herrn Buwitt (Buwitt ist CDU-Fraktionsvorsitzender, die Red.) kurz vor der von der SPD durchgesetzten Vorlage in der Parlamentarischen Kontrollkommission vernichtet wurde“. Auch die Behauptung, Müllenbrock habe „eine geradezu kriminelle Energie dafür entwickelt, Recht und Gesetz außer acht zu lassen und den demokratischen Rechtsstaat auszuhöhlen“, darf Momper bei einer Androhung von 500.000 Mark Ordnungsgeld nicht mehr weiterverbreiten. Unter einer Vielzahl anderer Vorwürfe hatte Momper diese beiden Anschuldigungen am 30.November im Anschluß an den Auszug der SPD-Mitglieder aus der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) erhoben. Außer dem Staatssekretär Müllenbrock hatte der SPD-Chef auch den Leiter der Abteilung Auswertung beim Berliner VfS, Bakker, und den VfS-Chef Wagner für die Skandale verantwortlich gemacht. Diese haben gestern einen Anwalt beauftragt, gegen Momper Strafantrag wegen Beleidigung und übler Nachrede zu stellen. Nach Angaben der Pressestelle des Innensenators soll auch Kewenig als Dienstherr des „Amtes“ einen Strafantrag eingereicht haben.
Die Berliner Sozialdemokraten reagierten gestern auf die gerichtliche Verfügung gelassen. Pressesprecher Werner Kolhoff meinte, „Herrn Müllenbrock wird es nicht gelingen, durch diesen untauglichen Versuch, sich politisch eine reine Weste zu verschaffen“. Die Einstweilige Verfügung sei nur ein Versuch, „von der politischen Verantwortung für die skandalösen Vorgänge beim Verfassungsschutz abzulenken“.
Über den Rahmen eines möglichen Untersuchungsausschusses soll heute im Innenauschuß debattiert werden. Die Entscheidung über die Einsetzung des Gremiums fällt dann am Freitag in der Sitzung des Abgeordnetenhauses.
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