Standbild: Windhunde

■ "Streamers", Vietnam-GIs

(„Streamers“, Mittwoch, 7.12., ZDF, 22 Uhr 40) Drei Rekruten warten auf ihren Einsatz in Vietnam. Wenn zwei besoffene Ausbilder mit rußgeschwärzten Gesichtern in den Schlafsaal torkeln und vom Koreakrieg erzählen, hören die drei mit leuchtenden Augen zu. Von damals, vom Absprung über Korea, als der Sergeant (George Dzunda, der in Deer Hunter den Wirt spielte) einem Soldaten in die Augen sah, dessen Fallschirm sich nicht öffnete. Er sah, lallt Dzunda, verwundert aus. Den Streamers-Song, den die Springer in der Todesgefahr anstimmen sollen, hat er nicht gesungen. Hilflos zappelnd hat er versucht, die Fäden zu entwirren.

Dieses Bild ist die zentrale Metapher in Robert Altmans Theaterverfilmung Windhunde. Auch das Rekruten-Trio verstrickt sich zusehends beim Sturzflug in psychische Abgründe. Ein weißer College-Absolvent (Metthew Modine, der später in Full Metal Jacket spielte), ein Schwarzer aus den Slums und Richie, ein Schwuler aus reichem Hause, verfangen sich in einem Machtspiel mit wechselnden Fronten. Als Charlyle (Michael Wright), ein empfindsamer, neurotischer GI, auftaucht und mit Richie anbandelt, explodiert die Situation, wie in einem Kessel, der dem Überdruck nicht mehr standhält.

Ein Kriegsfilm? Dem Dschungelkampf gönnt der Film keine Bilder: Der Krieg findet in der Kaserne statt. Wie in den kritischen US-Vietnamfilmen, wie in The Deer Hunter, Apocalypse Now und Full Metal Jacket zeigt Altman eine Militärmaschine, die ins Leere läuft und sich selbst zerstört.

Ein Kammerspiel. Kaum Zooms, wenig Kamerafahrten, fast alles ist in Schuß - Gegenschuß aufgelöst. Altman hat nicht versucht, die Unmittelbarkeit des Theaters filmisch nachzustellen: Er entfaltet die Charaktere nicht, er seziert sie. Noch in der Großaufnahme bleibt uns das Trio eigentümlich fremd. Im Stakkato wechseln die Stimmungen und die Temperaturen des Films: Die Sehnsucht nach der Army als Familie, die Kameradschaft und die Verzweiflung. Altman behandelt alles gleich: Er zeigt, wertet nicht. Die Geschichte geschieht mit der Logik und Unausweichlichkeit, mit der ein Stein zu Boden fällt. Am Ende sind zwei tot, drei leben noch. Der Fallschirm hat sich nicht geöffnet, und keiner singt. Macht das einen Unterschied? Der Tod ist so sinnlos wie die heroischen Rituale des Sterbens. In der letzten Einstellung entfernt sich die Kamera ganz langsam: ein kühler Blick zurück in ein Laboratorium der Gefühle. Alles wird so weitergehen wie bisher.

Stefan Reinecke