Lübeck: Raketenhafen für Schweden

Elf „Hawk„-Luftabwehrraketen sollen über die Hansestadt nach Göteborg gebracht werden Das neutrale Schweden hat sie von den USA gekauft / Fährlinie spricht von „brisantem Transport“  ■  Aus Lübeck Dieter Hanisch

Nachdem Lübeck bereits seit Jahren Durchgangsort für Sondermüll der benachbarten DDR-Deponie Schönberg ist und in den vergangenen Jahren auch zur Drehscheibe für Atommüllverschiffung wurde, liegt dem Hafen- und Seemannsamt Lübeck jetzt eine Anfrage vor, einen Transport von Raketen samt Sprengköpfen zu genehmigen. Dabei handelt es sich um elf konventionelle „Hawk„-Luftabwehrraketen, die aus dem US -Instandsetzungs- und Munitionsstützpunkt Weilerbach bei Kaiserslautern nach Göteborg gebracht werden sollen.

Das schwedische Verteidigungsministerium bestätigte dies gegenüber der taz. Der zuständige Transportdirektor Lars Stenig erklärte, die Raketen habe das verteidigungspolitisch neutrale Schweden den Amerikanern schon vor längerer Zeit abgekauft. Da es im eigenen Lande noch keine Möglichkeit für technisch aufwendige Reparaturen gebe, habe man die Instandsetzung in Weilerbach vornehmen lassen.

Die Raketen mit Sprengköpfen sollen nach Vorstellung des schwedischen Verteidigungsministeriums bis Mitte Januar als ganz gewöhnliche Gefahrengutfracht mit der Bundesbahn abgewickelt und dann auf dem Seewege nach Göteborg gebracht werden. Eine diesbezügliche Anfrage liegt jetzt der Reederei „Stena-Line“ vor, was Volker Polnac, Niederlassungsleiter der Fährlinie in Lübeck-Travemünde, bestätigte. Er selbst sprach dabei von einem brisanten Transport, für den die RoRo -Frachtschiffe sowie die entsprechenden Fähranlagen der „Stena-Line“ gemäß des Internationalen Gefahrengutabkommens gar nicht entsprechend ausgestattet seien.

Polac weiter: „Wir müssen aber sowieso einmal abwarten, ob das Hafen- und Seemannsamt diesen Transport überhaupt genehmigt.“ In dem Genehmigungsantrag, der der taz aus Schweden zugespielt wurde, wird die Gesamtsprengkraft des Transports mit 3.697 Kilogramm angegeben. Polac erklärte der taz, die „Stena-Line“ habe bisher noch keinen solchen Auftrag durchgeführt.

In Schweden hat die Nachricht ebenso Unruhe ausgelöst wie in Lübeck. Das skandinavische Land gilt als großer Waffenaufkäufer nicht nur von allen Nato-Staaten. Im Zusammenhang mit dem Palme-Mord war auch immer wieder von internationalen Waffengeschäften die Rede. Sowohl im schwedischen Parlament als auch in der Lübecker Bürgerschaft soll das Thema noch ein Nachspiel haben, kündigten schwedische Parlamentarier und die Grünen in Lübeck an.