Aus dem Golfstrom ins Paniermehl

■ Seit die Tiefkühltruhe erfunden ist, brauchten die Fähringer ihren Fisch nicht mehr alleine aufzuessen / Meeresfrüchte aus eigenen und russischen Gewässern

Unabhängigkeit und Wohlstand brachten den Bewohnern der Färöer-Inseln nördlich von Schottland zwei Ereignisse: den zweiten Weltkrieg und die Erfindung der Tiefkühltruhe. Bis zum Krieg lebten sie in Abhängigkeit von Dänemark, dann wurden die Färöer von den Briten besetzt und sorgten mit ihrer Flotte für die Versorgung Großbritanniens mit Fisch. Am Ende des Krieges war ein erhebliches Guthaben in England der Grundstock für späteren Wohlstand. Außerdem wurde den Inseln 1948 von der Zentralregierung in Kopenhagen eine weitgehende Autonomie zugestanden; die färöischen Fischer durften jetzt ihre eigene Handelspolitik betreiben und waren nur in der Außen- und Verteidigungspolitik weiterhin an Dänemark gebunden. Noch heute sind die Färöer nicht Teil der Europäischen Gemeinschaft, sie haben ihre eigene Sprache, Flagge und Kultur.

Der zweite Schritt kam, als die Tiefkühltechnik sich international durchsetzte. Seit Anfang der siebziger Jahre haben die Färinger diese Möglichkeit, frisch verarbeiteten Fisch in alle Welt zu exportieren, immer stärker genutzt. Dabei sind die Fischvorkommen auch für die Färöer begrenzt. Seit Schaffung der 200-Meilen-Zonen sind sie weitgehend auf ihre eigenen Gewässer angewiesen; Fangrechte in anderen Gebieten sind nur durch

Tausch zu haben, etwa von der Sowjetunion in der Barents-See gegen das Zugeständnis an die Russen, in färöischen Gewässern Blauen Wittling zu fangen, der den fischessenden Euröpäern nun mal nicht besonders schmeckt. Wirkungsvolle Verkaufsargumente für „Faroe Seafood“ - so das Markenzeichen in vielen Ländern - sind die Sauberkeit des aus dem Golfstrom stammenden Wassers rund um ihre Inseln, die Frische des Fischs, der nach meist nur einwöchiger Fahrt von den Trawlern angelandet wird, und die Qualität und Hygiene der Verarbeitung.

Hier setzte auch ein Teil der deutschen Fischindustrie an, die vor zehn Jahren nach neuen Quellen für erstklassige Rohware suchte, als EG-Quoten und internationale Wirtschaftszonen die deutsche Hochseefischereiflotte dezimierten. Findige Einkäufer begannen damals, Kontakte zur „Föroya Fiskasöla“ zu knüpfen. Man machte es sich von beiden Seiten nicht leicht, und die Deutschen waren in ihrem Beharren auf scheinbar absonderlichen Qualitätsstandards ebenso unnachgiebig wie die Färinger in ihrer Ablehnung der gewünschten großen Liefermengen. Die nordatlantischen Insulaner sind sich sehr wohl bewußt, daß sie durch Überfischung das einzige Kapital vernichten würden, das sie zur Gestaltung ihrer Zukunft haben.

Immerhin: Mit 10.000 Tonnen pro Jahr bezieht die Fischstäbchenfirma Iglo inzwischen gut die Hälfte seines Fisches - überwiegend Seelachs - von den Färöern. Im Unterschied zu den meisten anderen Märkten werden diese Tiefkühlprodukte in der Bundesrepublik unter dem Firmennamen und nicht mit dem Emblem „Faroe Seafood“ vertrieben.

Da sich der Fisch nicht beliebig vermehren läßt, müssen sich die Leute von „Föroya Fiskasöla“ einiges einfallen lassen, um längerfristig Wirtschaftswachstum sicherzustellen. Birgir Danielsen, der Chef der Genossenschaft, verfolgt eine mehrgleisige Strategie. Zum einen sollen mehr Fertigprodukte und weniger „einfaches“ Fischfilet exportiert werden. Statt des Fünf-Kilo-Blocks also sollen immer mehr Portionspackungen mit küchenfertigem Fisch das Land verlassen, ob paniert, „natur“ oder als Fischstäbchen. Der Erlös ist natürlich höher als bei der Rohware, die auf dem Kontinent weiterverarbeitet wird.

Neben der Veredelung der Produkte setzen die Färinger auf Diversifizierung. Neben Seefisch werden Jakobsmuscheln verarbeitet, und in einer Shrimpsfabrik werden sowjetische Tiefseekrabben gekocht. Ferner sind in den Fjorden zwischen den Inseln viele Lachsfarmen entstanden.

dpa