GAL: Bis zur Spaltung ist alles möglich

Mitgliederversammlung der Hamburger Grünen am Sonntag / Große Spannung nach Karlsruhe / Der Fall Thea Bock erhitzt weiter die Gemüter / Die Begründung für ihren Parteiaustritt gibt's im 'Spiegel‘  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Nach dem Austritt der prominenten GAL-Politikerin Thea Bock aus ihrer Partei und den Ereignissen auf der Bundesdelegiertenkonferenz am vergangenen Wochenende in Karlsruhe wird die morgige Mitgliederversammlung der Hamburger Ökopaxe mit großer Spannung erwartet. „Bis hin zur Spaltung“, so wird derzeit flügelübergreifend orakelt, „ist alles drin“. Die Situation ist brisant: Zum einen sind die Hamburger Realos, die in der Minderheit sind, nach der Abwahl des fundamentalistisch dominierten Bundesvorstandes mit großem Selbstbewußtsein in die Fundi-Hochburg Hamburg zurückgekehrt. Zum anderen sammelt auch der sich nun als „Linke“ in der GAL bezeichnende Mehrheitsflügel alle Kräfte, um die Hansestadt als Fundi-Festung mit bundesweiter Ausstrahlung zu sichern.

Über allem schwebt der Fall Thea Bock. Wie berichtet, legte die den Realos zuzurechnende Öko-Fachfrau nicht nur ihr Bürgerschaftsmandat nieder, sondern trat auch aus der GAL aus, will nur noch in der Bundespartei der Grünen mitarbeiten. Thea Bock, die trotz immensen Pressewirbels bis heute nicht öffentlich zu ihren Motiven Stellung nahm, wird ihre Abrechnung mit der GAL exklusiv am Montag im 'Spiegel‘ präsentieren. Den von Teilen der Hamburger Realos erhobenen Vorwurf, sie sei vom fundi-dominierten Parteivorstand „politisch erpreßt“ worden - Hintergrund sind nicht abgeführte Diäten in Höhe von über 50.000 Mark - bestätigt sie nur teilweise: „Die Möglichkeit, parteiöffentlich einen Offenbarungseid zu leisten, hielt ich für unzumutbar - und habe das Problem vor mir hergeschoben. Vom GAL -Landesvorstand vor die Alternative gestellt, meine perönlichen finanziellen Verhältnisse auf einer Mitgliederversammlung bekanntzumachen oder ein abstraktes Schuldbekenntnis beim Notar zu unterschreiben, entschied ich mich für die zweite Lösung. Sollte ich mich jemals wieder um ein politisches Mandat bewerben, so die Zusatzvereinbarung, würde die GAL dies alles öffentlich machen - das kommt bei den Grünen einem Berufsverbot gleich“, schreibt Thea Bock im 'Spiegel‘. Der GAL-Landesvorstand hatte gestern mittag noch betont, daß die Politikerin Ende September ihr Einverständnis zu diesem Modus erklärt hatte. „Jetzt ist die Kuh vom Eis“, sagte Thea Bock damals zu ihren Gesprächspartnern.

Die im Februar in die Bürgerschaft rotierende Realo -Vertreterin Kristin Heyne ritt gemeinsam mit der Abgeordneten Conny Jürgens gestern scharfe Attacken gegen die Politik des Landesvorstandes. Der habe seine Politik in den vergangenen Monaten ausschließlich auf die beiden Themen Hafenstraße und Palästina konzentriert, Umwelt- und Sozialpolitik dagegen vernachlässigt. Die neue, achtköpfige Fraktion will wieder „ernsthafte“ Bündnisse mit Umwelt- und Verbraucherinitiativen sowie mit kritischen Gewerkschaftern eingehen. Derzeit bestehe nur ein Bündnis mit autonomen Gruppen, beklagte Conny Jürgens: „Wir wollen die Zusammenarbeit mit denen nicht streichen, es muß aber auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Autonomen stattfinden.“ Auf eine mögliche Zusammenarbeit mit der SPD angesprochen, hielten sich Heyne und Jürgens bedeckt. Aber: „Heftige Diskussionen darüber stehen an.“

Auch die realpolitische Strömung in der GAL kann sich ein Anbändeln mit der SPD nicht vorstellen, markieren doch die Hamburger Sozialdemokraten die Rechtsaußen in der Bundes -SPD.