Ausschuß gegen Verfassungsschutz

Überraschende Einigung über den Auftrag für Berliner Ausschuß zur Untersuchung der Schnüffel-Affäre  ■  Aus Berlin Rita Hermanns

Berlin hat seinen Untersuchungsausschuß zum Verfassungsschutz-Skandal. Das Abgeordnetenhaus setzte den von der SPD geforderten Ausschuß gestern überraschend ohne Gegenstimmen ein. Bis zuletzt feilschten die Parlamentarier an dem für die Durchleuchtung der Affäre entscheidenden Untersuchungsauftrag. Die Aufgabenstellung für den Ausschuß wurde dann letztendlich von der CDU/FDP-Koalition formuliert. Nach dem dennoch einmütig verabschiedeten Antrag wird der Untersuchungssausschuß damit beginnen, die Vorwürfe zu untersuchen, die Oppositionsführer Momper in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Diepgen (CDU) erhoben hatte. Momper hatte unter anderem aufgeführt, die taz sei „im Ganzen“ und die Berliner Alternative Liste (AL) „in wichtigen Teilen“ überwacht worden. Auch die Rolle des Verfassungsschutzes im Mordfall Schmücker wollte die SPD laut Momper-Brief geklärt haben. Der völlig unerwarteten Einigung war eine turbulente Debatte im Parlament vorangegangen. Die SPD werde am Ende schon sehen, daß „die Nummer ein Rohrkrepierer gewesen ist“, rief dabei CDU-Generalsekretär Landowsky den Genossen erregt zu.

Die Sozialdemokraten seien doch nur deshalb nicht an einer lückenlosen Aufklärung interessiert, weil ein großer Teil der von ihnen immer wieder erhobenen Vorwürfe noch auf die Zeiten zurückgehe, als Innensenator und Regierender Bürgermeister noch von der SPD gestellt wurden. Die SPD konterte, der Auftrag für den Ausschuß sei viel zu umfangreich, um noch vor dem Wahltag am 29. Januar „auch nur ansatzweise“ erfüllt zu werden. Die Genossen sprachen von „Mauern“ und „Verschleppen“.

Noch am Donnerstag abend waren die CDU- und FDP-Vertreter unter Protest aus einer Ausschußsondersitzung ausgezogen, weil der Vorsitzende Hildebrandt (SPD) einen Änderungsantrag der Koalition zum Untersuchungsauftrag für nicht zulässig hielt. Bei ihrem Antrag zum Untersuchungsausschuß wollte sich die SPD ursprünglich darauf beschränken, die Bespitzelung von Journalisten, Abgeordneten und Rechtsanwälten sowie die Vernichtung von Akten zu prüfen. Die AL wiederum fand sich in dem SPD-Antrag nicht wieder und bestand darauf, die Aushorchung ihrer Mitglieder in den Antrag aufzunehmen. Die Koalition nahm den Punkt mit in ihren Antrag auf.

Ein anderer Streitpunkt löste sich gestern ebenfalls in Wohlgefallen auf. Während die SPD bis gestern partout ihre beiden Vertreter in der Parlamentarischen Kontrollkommission, Pätzold und Lorenz, auch in den Untersuchungsausschuß schicken wollte, hatten die Regierungsfraktionen das abgelehnt. Die kämen nämlich, so CDU/FDP, noch als Zeugen vor dem Ausschuß in Frage. Gestern benannte die SPD dann unerwartet zwei neue Vertreter.

Der Ausschuß wird voraussichtlich ab Montag täglich zusammenkommen und soll Mitte Januar einen Zwischenbericht vorlegen. Den Vorsitz erhielt turnusmäßig die CDU. Einen Antrag der AL, den Verfassungsschutz ganz abzuschaffen, lehnten die Parlamentarier gestern ab.