SS-Mann ohne Rentenanspruch

■ Lüneburger Gericht wies Klage der Ehefrau des ehemaligen Gestapo-Chefs von Rom zurück / Ehefrau schmuggelte Mörder von 335 Geiseln 1977 im Koffer nach Deutschland

Kein Rentenanspruch für Nazi-Verbrechen: Anneliese Kappler -Wenger, die Witwe des ehemaligen SS-Polizeichefs von Rom, Herbert Kappler, hat keinen Anspruch auf Witwenrente, da ihr Mann als Angehöriger der Gestapo und wegen Verstößen gegen die Menschlichkeit von der Versorgung ausgeschlossen sei. Mit dieser Entscheidung hat am Freitag das Verwaltungsgericht in Lüneburg eine Klage der 63jährigen Heilpraktikerin gegen das niedersächsische Landesverwaltungsamt zurückgewiesen. Die Behörde hatte Kapplers Frau eine Hinterbliebenenrente wegen der mörderischen Karriere ihres Mannes während der Nazi-Zeit verweigert.

Der SS-Obersturmbannführer Herbert Kappler war als Polizeichef der „offenen Stadt Rom“ für das Massaker in den adreatinischen Gräben am 23. März 1944 verantwortlich gemacht worden. Damals waren als Vergeltungsakt für einen Partisanenüberfall auf

eine SS-Truppe in der Via Rasella, bei der 32 SS-Männer und zehn Zivilisten starben, auf Befehl Hitlers für jeden getöteten Deutschen zehn Italiener erschossen worden. 335 Geiseln wurden exekutiert.

Anneliese Kappler-Wenger hatte den wegen des Geiselmordes 1948 zu lebenslänglicher Haft Verurteilten 1972 im italienischen Militärgefängnis Gaeta geheiratet. 1977 hatte sie den schwer erkrankten Häftling in einem Koffer aus dem Gefängnis geschmuggelt und nach Deutschland gebracht. 1978 war Kappler im Alter von 70 Jahren in Soltau (Landkreis Soltau-Fallingbostel) an Krebs gestorben.

Kapplers Witwe ging es nach eigener Aussage nicht nur um die Durchsetzung ihres Rentenanspruchs, sondern auch um die Rehabilitierung ihres Mannes. „Ich hätte ihn 1972 in der Festung Gaeta nicht geheiratet, wenn er ein Schurke gewesen wäre“, sagte sie zu Beginn der Verhandlung. Sie

vertrat die Auffassung, daß Kappler am 8. Mai 1945, dem Tag der Kapitulation, nicht mehr in Diensten der Gestapo gestanden habe, sondern als Angehöriger der Wehrmacht einen Rentenanspruch habe. Wie allerdings Akten aus dem Berliner Document-Center belegten, hatte Kappler nie seine Stelle bei der Gestapo verloren. 1939 war er als Gestapo-Beauftragter nach Rom versetzt worden, wo er bis zum Chef der Sicherheitspolizei aufstieg.

„Ich werde gegen die ganze Welt das Schicksal meines Mannes darstellen und für die Wahrheit kämpfen“, sagte Anneliese Kappler-Wenger, als die Vorgänge vom März 1944 vor Gericht erörtert wurden. Wie sie von ihrem Mann erfahren habe, sei ihm damals nichts anderes übrig geblieben, als den Führerbefehl zu befolgen.

Nach kurzer Beratung wies das Verwaltungsgericht die Klage der Witwe ab. (Aktenzeichen: 1 VG A 176/86)

dpa