Ping-Pong, Party und Promille

■ Die Kultur der Streikenden: Pogo, Punk und Kerzenschimmer / „We want the revolution“ / Kabarett in der FU

Der Streik lebt nicht vom Wort allein. Das zeigten Sonntag abend die Feten-infizierten Studies. Die hatten in die gelehrigen Räume von FU und TU einen exotischen Gast eingeladen - den Partygeist. Anfängliche Konversationsschwierigkeiten mit diesem Wesen hielten die Partygäste nicht davon ab, es kurzerhand auf Podium und Bühne zu hieven, um auf das versprochene Amusement zur Geisterstunde zu setzen.

An der FU dagegen füllte sich der Hörsaal in der Silberlaube erst relativ spät. Das war nicht weiter verwunderlich, denn das Saxophonduo, daß sich schon gegen 22 Uhr mit arhythmischem Stereogebläse unters Volk gemischt hatte, lud nicht gerade zum Verweilen ein.

Das Partyschlachtschiff kündigte sich per Sirenengeheul an. Endgültig im Hafen eingelaufen, kam auch das Fußvolk in der Gangway zum eigentlichen Veranstaltungssaal. Musikclown Wusel verstand es mit seinen kuriosen Ping-Pong -Verspeisungen den Anziehungspunkt zu mimen. Resultat: Gegen 23 Uhr war der Hörsaal rappelvoll. Nur im philosophischen Institut war dem Ernst der Lage kein Einhalt zu gebieten. Dort saßen die angehenden Existentialisten beim Plenum, um über ihre Forderungen zu diskutieren. „Es kann ja nicht jeden Tag gefeiert werden“, meinte ein Wortführer bei Kerzenlicht. In den Streikcafes der Römer und GermanistInnen herrschte ebenfalls der Diskurs vor. Es galt, die Aktionen für die kommenden Tage zu planen. Wie ernst gemeint die guten Vorsätze waren, zeigte sich dann spätestens bei Matthias Deutschmann, der kurz vor Mitternacht zum Auftritt schritt. Da sahen auch die letzten UnistrategInnen ein, daß sich Politik auch mal die bekannte Pause gönnen muß. Der Kabarettist jedenfalls ließ den Hörsall entgültig aus den Nähten platzen .

Die Grüße von Heckelmann, die er als Reaktionstest für die werte Zuhörerschaft mitgebracht hatte, wollte die Fraktion auf den Rängen jedoch nicht hinnehmen - und Deutschmann aalte sich in den Protesten.

Als Nachtisch zum wortreichen Menü des Kabarettisten flambierten die „Maggo Brothers“ den Tanz auf den Stuhlreihen. Spätestens jetzt nahm die Fete in der Silberlaube die typischen Formen von Fetz und Feiern an. Die hatte die TU zu dieser Stunde schon längst in Szene gesetzt. Schon ab 20 Uhr hatten die diversen Rockgruppen das feuchtfröhliche Partyfieber entfacht. Aufgeheizt durch die tolldreisten Klänge im Mathebau hieß die Devise von Anfang an: Tanz in allen Gängen. Noch gegen 2 Uhr morgens herrschte reger Pop zum Funk a la „Cray“. Deren Forderung „We want the revolution“ stieß auf breite Zustimmung. Die standhaften Studies waren jedenfalls bereit, in dieser Nacht dafür zu feiern; wenn es sein mußte, bis zum autonomen Seminar am nächsten Moregen. Spätestens dann galt es, den Kopf wieder einigermaßen in der Vertikalen zu halten. Denn: Nach Party und Promille bloß keine Demostille!!

Christine Berger