Gesamt-Berlin: Olympiastadt 2004?

■ In der Hauptstadt der DDR will man die Voraussetzungen für die Austragung der Olympischen Spiele schaffen: Bau von Sporthalle und Stadion geplant / Auch West-Berlin bemüht sich um Möglichkeiten gemeinsamer Spiele

Berlin (taz/dpa) - Zum ersten Mal gibt es aus der DDR Signale, daß die Austragung der Olympischen Spiele 2004 in Berlin nicht ins Reich der Utopie gehört. Eine multifunktionale Großhalle mit dem Namen „Sporthalle der Republik“ soll in der Hauptstadt der Republik ebenso gebaut werden wie eine repräsentative Arena mit dem Namen „Nationalstadion der DDR“. Beide Bauten befinden sich in der Planung. Damit wären die Grundlagen für die Austragung der Olympiade in der geteilten Stadt geschaffen.

„Pläne für ein Nationalstadion der DDR gibt es. Und wir werden dieses Stadion auch bekommen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Bezirksvorstandes Berlin des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) der DDR, Rainer Lotsch, in der vergangenen Woche laut dpa. „Bei der Sporthalle der Republik beschäftigen wir uns gerade damit, wo der Standort sein könnte“, so Lotsch weiter. Auch der Ausbau einer Regatta-Strecke, die in West-Berlin ökologisch nicht durchsetzbar wäre, ist im Gespräch.

Die geplanten Baumaßnahmen sind deshalb brisant, weil die DDR mit Baubeginn den Grundstein für Olympische Spiele 2004 in beiden Teilen Berlins legen würde. Bisher wurden Olympia -Pläne immer nur aus dem Westteil der Stadt vorgetragen, während die DDR, im wahrsten Sinne des Wortes, mauerte. Auch gestern wurden entsprechende dpa-Meldungen heftig dementiert. So erklärte ein Sprecher des DTSB: „Äußerungen zu den geplanten Projekten, wie sie von einer Nachrichtenagentur zitiert wurden, sind so nicht gefallen.“ Allerdings: Im Zeichen von Gorbatschows Perestroika könnte Olympia 2004 allerdings zum Meilenstein der Entspannung werden. Zudem hätte die DDR die Möglichkeit, sich als große Sportnation im eigenen Land der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Die DDR finanziert den Leistungssport jährlich mit 1,1 Milliarden Mark und ist hinter den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion die drittstärkste Sportnation.

Ronald Reagan hatte im Juni 1987 am Brandenburger Tor zum ersten Mal Olympia in Berlin als Idee vorgebracht: „Und wie könnte man besser die Offenheit dieser Stadt dokumentieren als durch das Angebot, in naher Zukunft die Olympischen Spiele hier in Berlin, im Osten und Westen, abzuhalten?“ Bis jetzt sind solche Pläne immer als unrealistisch abgetan worden. Die Vehemenz, mit der sich West-Berlins Schul- und Sportsenatorin Hanna Renate Laurien in letzter Zeit immer wieder für Olympia 2004 stark gemacht hat, läßt allderdings vermuten, daß sie nicht ohne Kontakte zur DDR Olympiapolitik betrieben hat. Allerdings hat sich Laurien bisher „auf diesem sensiblen Feld“ zurückgehalten, wenn es um die Frage ging, ob es Absprachen mit der DDR gegeben hätte. Dagegen erklärt ein extra ins Leben gerufener West-Berliner Verein „Olympiastadt Berlin“, bei dem der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin, Peter Rebsch, die Schirmherrschaft übernommen hat, daß es „Kontakte mit DDR -Interessierten über die Möglichkeit gemeinsamer Olympischer Sommerspiele in Berlin“ gibt.

So sucht man in West-Berlin, seit Reagan seine Initiative vorbrachte, noch immer nach einem Standort für einen neuen Sportpalast, ohne daß die Finanzierung geklärt wäre. Andere Sport-Großbauprojekte, die allesamt unter dem Titel „750 Millionen DM Sportstadt Berlin“ firmieren, sind ebenfalls in der Planung. Mit einem „Sportpalast im Osten“ wäre zumindest das Problem einer Olympia-Halle geklärt. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat über Willi Daume, den Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees, signalisiert, daß die Finanzierung der Spiele bei einer Einigung zwischen den Blöcken kein Problem wäre. Daume erklärte auch, daß die Spiele in Berlin absolute Priorität vor anderen Stätten hätte. Gestern allerdings lehnte Daume eine Stellungnahme zum Thema „Olympiastadt Berlin 2004“ in Berlin ab. „Veröffentlichungen in diesem sensiblen Bereich können allerhand kaputtmachen“, war sein einziger Kommentar.

Offenbar hat die DDR nach Abschluß ihres Wohnungsbauprogramms 1990 Kapazitäten frei, die in dem kommenden Fünf-Jahresplan für den Sportstättenbau festgeschrieben werden könnten.

Den Sportmachern der DDR ist es jedenfalls ein Dorn im Auge, daß die großen Sportfeste bisher immer im Leipziger Zentralstadion, das 100.000 Zuschauern Platz bietet, stattfinden mußten. „Die Hauptstadt der DDR braucht ein Nationalstadion. Zu einem gegebenen Zeitpunkt werden wir mit dem Bau beginnen, mit unseren Plänen sind wir schon lange im Jahr 2000. Wir haben einen sportbegeisterten Oberbürgermeister. Die Dinge sind beim Magistrat von Berlin in den besten Händen“, erklärte der DDR-Funktionär.

Theo Düttmann