Zwei Milliarden sind nicht genug

■ GEW forderte Sanierungsprogramm für „heruntergewirtschaftete“ Universitäten Studenten lehnen 2-Milliarden-Programm der Bund-Länder-Kommission ab

Berlin (taz) - 24 Stunden vor dem heutigen bundesweiten Aktionstag der Studentinnen und Studenten haben sich Gewerkschaften, Parteien und staatliche Gremien zur Hochschulmisere geäußert. So forderte das Vorstandsmitglied der GEW, Gerd Köhler, gestern ein „Fünf-Jahres-Programm“ zur Sanierung der Universitäten. Durch die Sparpolitik der vergangenen Jahre seien die Hochschulen in einer unverantwortlichen Weise „heruntergewirtschaftet“ worden. In den vergangenen zehn Jahren sei die Zahl der StudienanfängerInnen um ein Drittel gestiegen, ohne daß zusätzliches Personal eingestellt worden sei.

Die Bund-Länder Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung hat gestern den Ministerpräsidenten der Länder empfohlen, bei ihrer Konferenz am Donnerstag mit Helmut Kohl das von Bundesbildungsminister Möllemann vorgeschlagene Sonderprogramm für die Hochschulen zuzustimmen. Danach sollen in den nächsten sieben Jahren zwei Milliarden Mark zu gleichen Teilen von Bund und Ländern für die Hochschulen bereitgestellt werden. Das sogenannte Überlastprogramm war am 2. Dezember schon von der Kultusministerkonferenz befürwortet worden. Für eine neue Studienreformdiskussion machte sich gestern auch die Bundesvorsitzende der Jusos, Susi Möbbeck, stark. In diesem Zusammenhang unterstützt das SPD-Nachwuchstrüppchen unter anderem die studentischen Forderungen nach Mitverwaltung an universitären Gremien sowie die Gleichberechtigung der Frauen in Hochschule und Studium.

Das Möllemann-Programm wurde dagegen von den ASten, Besetzungsräten und Streikkomitees in Berlin und Frankfurt abgelehnt. Das 2-Milliarden-Programm sei „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“ erklärte ein StudentInnenvertreter in Frankfurt. „Die Gelder fließen nur in sogenannte zukunftsorientierte Technologien und Studiengänge!“ erklärte ein Vertreter des Allgemeinen Studentenausschusses der Uni Giessen. Der StudentInnenvertreter auf einer Pressekonferenz in Frankfurt ...meinte weiter: „Hochschule als Durchlauferhitzer arbeitsmarktgerecht zugerichteten Spezialistentums lehnen wir ab!“ Die Student Innen forderten außerdem eine „umfassende Demokratisierung der Institution Hochschule“. Bildung und Wissenschaft seien keine Privilegien für wenige, sondern die Chance für viele, ihre eigenen Lebensbedingungen bewußt und selbstbestimmt zu gestalten, resümierten Delegierte.

Am heutigen bundesweiten Aktionstag werden in vielen Universitätsstädten der Bundesrepublik und in West-Berlin Demonstrationen, Vorlesungsboykotte und phantasievolle Aktionen der Student Innen stattfinden. Während die Universitäten und Fachhochschulen in Berlin meist unbegrenzt weiterstreiken wollen, beginnen die Vorlesungen in Frankfurt am Mittwoch wieder. An anderen hessischen Universitäten wird in diesen Tagen auf Vollversammlungen über den Beginn von Streiks beraten. Auch in Freiburg (Bayern) ist der Uni-Betrieb seit gestern lahmgelegt.

Malzahn/Blum