USA und Israel zeigen PLO die kalte Schulter

US-Botschafter bei der UNO kündigt in Genf Ablehnung der PLO-Resolutionen an / Vereinigte Staaten bestehen auf direkten Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien / Israels Ministerpräsident Shamir lehnt Gespräche mit der PLO ab  ■  Aus Genf Andreas Zumach

Der amerikanische UNO-Botschafter Vernon Walters kündigte gestern nachmittag vor der UNO-Vollversammlung in Genf die Ablehnung aller drei Resulutionen zum Nahost-Konflikt an, die heute von den arabischen Staaten zur Abstimmung gestellt werden sollen. Die arabischen Staaten und die PLO verlangen in ihren Resolutionen den Abzug der israelischen Truppen aus den besetzten Gebieten und ihren Ersatz durch UNO -Friedenstruppen, die Umwandung des Beobachterstatus der PLO in einen Beobachterstatus des Staates Palästina sowie die Einberufung einer internationalen Nahost-Friedenskonferenz. Eine solche Friedenskonferenz, so Walters, sei „kein Ersatz für direkte Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien“. Walters enttäuschte damit die Erwartung, daß die ersten Washingtoner Reaktionen auf Arafats Rede vom Dienstag nicht das letzte Wort der US-Administration gewesen seien.

Pausenlose Beratungen zwischen arabischen und EG-Staaten, PLO-intern sowie zumindest durch Vermittlung Dritter auch zwischen VertreterInnen Washingtons und der PLO am Rande der Genfer Palästina-Debatte der UNO-Vollversammlung hatten diese Hoffnungen genährt.

Die PLO verschob kurzfristig eine seit Freitag letzter Woche für Mittwoch morgen angekündigte Pressekonferenz auf den Abend und damit auf einen Zeitpunkt nach der Rede des Washingtoner UNO-Botschafters Vernon Walters vor der Vollversammlung. Der schwedische Außenminister Stan Anderson bestätigte, daß es vor Arafats Rede Kontakte zwischen Washington und der PLO gegeben hat. Anderson übermittelte nach Arafats Auftritt in Stockholm vor zwei Wochen einen Brief des PLO-Führers an US-Außenminister Shultz.

Nach Aussagen von PLO-Vertretern in Genf waren die USA mit den darin enthaltenen Formulierungen zur Anerkennung des Existenzrechts Israels und der UNO-Resolutionen 242 und 338 sowie zur Absage an Terrorismus zunächst „zufrieden“, seien davon nach Arafats Rede aber wieder abgerückt. US-Vertreter in Genf bestätigten den Vorgang, erklärten aber, daß Arafat sich in seiner Rede nicht an die übermittelten Formulierungen gehalten habe. Anderson, der sich Dienstag und Mittwoch mit Arafat in Genf getroffen hatte, erklärte, „die Unterschiede zwischen beiden Seiten sind tatsächlich sehr klein“. In der Rede sei „alles enthalten, was man verlangen kann und was die USA brauchen“. Der Sprecher der politischen Abteilung der PLO, Ribhi Awad ließ auf einer überraschend angesetzten Pressekonferenz durchklingen, daß es auch innerhalb der PLO-Delegation Differenzen gibt über Arafats Rede sowie über die Frage, ob er auf der Pressekonferenz den USA noch weiter entgegenkommen solle. Awad, der dem Khadoumi-Flügel der PLO zugerechnet wird, verwarf die von Arafat getroffene Unterscheidung zwischen der Politik der Regierungen in Israel und in Washington als „Wunschvorstellung des PLO-Vorsitzenden“. Arafat könne über die Aussagen seiner Rede „nicht hinausgehen“. Er schloß ausdrücklich nicht aus, daß es in Genf zu direkten Kontakten zwischen Walters und Arafat oder anderen Mitgliedern beider Delegationen gekommen ist. Walters war vor sechs Monaten von Genf nach Tunis zu einem Treffen mit Arafat gereist, das beide Seiten bis heute dementieren.

Tel Aviv (taz) - Im Sitzungssaal der Knesset, des israelischen Parlaments, herrschte am Dienstag gähnende Leere: Die meisten Parlamentarier wollten die Übertragung der Rede Arafats in Genf auf dem Bildschirm im Flur oder am Radio mithören. Die bange Frage lautete: Wird der PLO-Chef auf die amerikanischen Bedingungen eingehen, werden die USA bereit sein, mit der PLO zu reden?

Ohne die Entscheidung aus Washington abzuwarten, trat Ministerpräsident Shamir mit den Worten vor die Presse: „Was Israel betrifft: Wir werden unter keinen Umständen mit der PLO verhandeln.“ Was Arafat in Algier, Stockholm oder Genf gesagt habe, sei nichts als ein monumentaler Betrug, er spreche von Frieden, der Anerkennung Israels und der Absage an den Terrorismus, in Wirklichkeit jedoch wolle er Israel vernichten, wiederholte Shamir seine altbekannte Position. Er fügte hinzu, Israel brauche gegen Arafats Offensive eine nationale Einheitsfront - ein Argument mehr für die Wiederbelebung der großen Koalition. Auch Peres dürfte ein Stein vom Herzen gefallen sein, als sie die negative Reaktion aus Washington auf Arafats Rede vernahmen.