Hamburger GAL-Turbulenzen halten an

Nachrückerinnen können sich nicht auf Rotation ins Landesparlament einigen / Krisensitzungen, Rücktrittsmeldungen und die frustrierte Hoffnung auf feministische Politik / Bessere Umweltpolitik gefordert  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Die Turbulenzen bei den Hamburger Grünen halten auch nach der Mitgliederversammlung am vergangenen Sonntag (die taz berichtete) unvermindert an. Auch gestern konnten sich die überwiegend realpolitisch orientierten Nachrückerinnen nicht darauf einigen, ob sie wie geplant im Februar in das Landesparlament rotieren werden oder nicht. Nach nächtlichen Krisensitzungen jagten sich Rücktrittsmeldungen: Von GAL -Politikerinnen wie Adrienne Goehler vor dem Landesvorstand verkündet, wurden sie Stunden später schon wieder zurückgenommen.

Fünf Nachrückerinnen sehen auch die einstige Hoffnung auf feministische Politik zerplatzen. In einer Erklärung heißt es: „Wir sind vor drei Jahren auch deshalb mit einer Frauenliste in der GAL angetreten, weil wir für eine andere politische Kultur auch in der GAL kämpfen wollen.“ Aber: „Die Fähigkeit zum konstruktiven Streit ist in der GAL verlorengegangen.“ Minderheitenpositionen würden keinen „Respekt und Raum“ genießen.

Während die Nachrückerinnen ihre parlamentarische Zukunft in Frage stellen, spielen sich auch im Landesvorstand erregte Diskussionen ab. Die nach dem Rücktritt der beiden realpolitisch orientierten Kurt Edler und Rosemarie Broderius verbliebenen Vorständler sind sich in der Bewertung der Mitgliederversammlung nicht einig. Der Vertrauensbeweis, den die große Mehrheit der GAL-Basis ihrem fundamentalistisch dominierten Landesvorstand aussprach, stellt für Vorstandsmitglied Michael Wunder keinen Erfolg dar. In einem Strategiepapier übernahm er viele Forderungen der unterlegenen Realos - vor allem die nach einer besseren Gewichtung der Umweltpolitik.

Ein Antrag von Vorständler Jürgen Reents auf Rücknahme des notariellen Schuld-Anerkenntnisses von Thea Bock wurde nach mehrstündiger hitziger Diskussion nicht verabschiedet. Etwa die Hälfte des Parteivorstandes erklärte sich nicht bereit, den von der GAL-Basis zwei Tage zuvor verabschiedeten Beschluß zu kippen. Eine große Mehrheit hatte den Landesvorstand am Sonntag aufgefordert, die ausstehenden 55.000 Mark von Thea Bock einzutreiben, „wenn ihre finanziellen Verhältnisse dies erlauben“.

Einige Nachrückerinnen machen ihren Einzug in die Bürgerschaft davon abhängig, daß der GAL-Vorstand Entscheidungen wie im Fall Thea Bock revidiert. Andere überlegen sich ihren Rücktritt unabhängig davon, ob die Parteiführung Zugeständnisse an sie macht.