: Genetischer Fingerabdruck zulässig
■ Berliner Landgericht hält Genomanalyse grundsätzlich für gültiges Beweismittel / Nur wegen Geständnis des Angeklagten wurde in Berliner Vergewaltigungs- und Mordfall auf Analyse verzichtet
In dem Prozeß um die Vergewaltigung und den Mord an der 21jährigen Bankangestellten Claudia Mrosek (die taz berichtete) hat die 29.Strafkammer des Berliner Landgerichts gestern den genetischen Fingerabdruck grundsätzlich für ein zulässiges Beweismittel erklärt.
Auf die prozessuale Verwertung des genetischen Fingerabdruck - der mittels der DNS-Vergleichsanalyse aus bei dem Opfer gesicherten Spermaspuren und einer Blutprobe des Angeklagten Hansjoachim R. erstellt worden war - wurde vom Gericht nur deshalb verzichtet, weil das Geständnis des Angeklagten durch andere Beweismittel bestätigt werden konnte.
Mit diesem Beschluß reagierte die Kammer gestern auf den Antrag des Verteidigers Christian Ströbele, der dafür plädiert hatte, auf die Einführung des genetischen Fingerabdruck-Gutachtens zu verzichten.
Für Rechtsanwalt Ströbele ist der „genetische Fingerabdruck“ als Beweismittel nicht zulässig. Ströbele hatte in einem umfangreichen Antrag dargelegt, daß die Genomanalyse (genetischer Fingerabdruck) einen Eingriff in den geschützten Kernbereich des Grundrechtes der Persönlichkeit darstelle, der auch keineswegs - wie von der Staatsanwaltschaft behauptet - vom Pararagph 81 a der Strafprozeßordnung gedeckt sei. Diese Meinung werde vom Rechtsausschuß des Bundestages geteilt, der am 9.November in einer Empfehlung beschlossen habe, daß die Anwendung gentechnischer Untersuchungsmethoden ohne gesetzliche Grundlage unzulässig sei.
Das Gericht schloß sich jedoch der Auffassung der Staatsanwaltschaft an. Es befand, daß die Zulässigkeit der DNS-Analyse „unbestritten“ sei. Ein derartiger Eingriff in die Persönlichkeit“ dürfe zwar nur als „ultima ratio“ vorgenommen werden, sei aber geboten, wenn eine derart gravierende Straftat nicht anders aufgeklärt werden könne.
Die Bedenken Ströbeles, daß die DNS-Analyse nicht nur zur Täteridentifikation verwendet, sondern auch für eine umfassende, genetische Ausforschung mißbraucht werden könne, wurden von der Kammer als „theoretische Möglichkeit“ abgetan. Der Prozeß geht vermutlich in der kommenden Woche zu Ende.
Plutonia Plarre
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