Schier wahnsinnige Brieftaubenkacke

■ Pigeon Drop, kanadischängelschöttischsächsischholländische comedy company brachte den Kessel im Schlachthof zum Sieden

BRIEFTAUBENSCHEISSE! Was soll man davon schon erwarten? Erst mal eine Menge Ärger am Eingang, ist man Rezensentin und hat sich nicht telefonisch angemeldet. Scheint eine gute Methode zu sein sich Einlaß zu erschleichen, als Reporter zu gehen. Ist man keine Rezensentin, zahlt man Eintritt, gibt es auch eine Menge zu erwarten. Das scheint bekannt zu sein. „Wo wir einmal gewesen sind werden wir zu einer Institution “, sagen die Pigeon Drops nicht ganz unbescheiden von sich selbst und in Bremen waren sie vor einem dreiviertel Jahr bereits. Die sieben internationalen Herren, die sich 1976 beim „Festival of Fools“ in Amsterdam gefunden haben, hatten die Kesselhalle bereits nach 10 Minuten fest in ihrer Komödiantenhand. Nachdem der gewissenhafte 'Meistertechniker‘ alle Keyboardtasten sorgfältig durchgezählt und Kraft seiner Kompetenz einen reibungslosen technischen Ablauf garantiert hatte, stand einem Beginn nichts mehr im Wege. „Ladys and Germans ...“ Demonstrativ die schreibende Zunft vertretend, (wichtig mit Schreibblock und so) wähnte ich mich auch in der ersten Reihe vor Übergriffen von der Bühne aus gefeit. Weit gefehlt, wie sich zeigen sollte.

Doch blicken wir wieder auf die Bühne. Eine Anbahnung eines „One-night-stands“ war in vollem Gange „she was fifteen, he was fiftyone“. Trotz intensiver Balzgebärden will es nicht so recht klappen mit der Lady, da muß Ersatz her. Richtig! aus dem geschätzten Publikum. Und da wird das nahezu Erstaunlichste dieses Abends zu erstenmal of

fenbar: die Bremer amüsieren sich nicht nur wie Bolle, was ja schon erstaunlich genug wäre, sie spielen begeistert mit. Der Gigolo kann die Ersatzdame garnicht wieder abschütteln, da muß auch ihr Begleiter aktiv werden und sich seinerseits an die „little fifteen“ halten.

Spontane Aktionen dieser Art werden sofort aufgegriffen und eingebaut, und Bremen ist begeistert. Auch wenn es darum geht, auf der Bühne die Reise nach Jerusalem zu gewinnen, macht uns ein Publikumsvertreter alle Ehre. Gerade die Norddeutschen würden besonders aus sich herausgehen, wenn man ihnen die Möglichkeit biete, berichten die Pigeon Drops aus ihrer Erfahrung von immerhin 1500 Shows in ganz Europa. Wobei die „Clubatmosphäre“ des Schlachthofes noch das ihrige zum Gelingen beigetragen habe. Mr. Lee M. Ross z.B. machte diesen „Club“ zu seinem Orchester. Aus dem Rülpsen der linken Hallenhälfte , dem Brummen der rechten und dem „aaaahhhh“ der Mitte entstand eine einzigartige Komposition, die jedoch durch die Brieftaubenkackeinterpretationenweit in den musikalischen Schatten gestellt wurden. Die Gruppe beherscht den musikalischen Spielraum von den „sixties Daves“ zu den „Hardrock-Fritzes“ bis zu Country-Tunten aufs beste. Auch wenn „Rocky van Halens“ Slightguitar öfter mit ihm durchgeht und die abgesteckte Outfitmusikschallmauer durchbricht, durchaus gewollt natürlich.

Den Baccara-Rosenstil, den ich aus den Händen eines kanariengelben Prachtteds entgegennehmen durfte, wurde ich leider

auch als Glückwunschbukett zur gelungenen Show nicht wieder los. Die sieben Herren, die zwischen Gemüseauflauf und Becksbier(„I thought it was from Belgium“) auch noch ein offenes Ohr für Fragen von Nachwuchsjournalistinnen und einen vollen Mund für deren Beantwortung hatten, ließen sich trotz allen Bemühens weder auf auf das Klischee des traurigen Clowns noch auf einen ihnen eigenen amerikanischen Humor festnageln. Die außerordentlich sympathischen Comedians mit Wahlheimat Amsterdam („because my cat lives there“) werden im Zuge ihrer Tournee auch Bremen in freudiger Erwartung auf ihre Wiederkehr hinter sich lassen.

KeDe