: Spaniens Regierung unter Druck
Nach dem erfolgreichen Generalstreik bietet Regierungschef Gonzalez erneut Verhandlungen an/ Am Mittwoch abend waren 400.000 zum Abschluß des Streiks auf der Straße ■ Aus Madrid Antje Vogel
Demonstrationen mit insgesamt etwa 400.000 Teilnehmern in ganz Spanien bildeten am Mittwoch abend den Abschluß des 24stündigen Generalstreiks gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik der sozialistischen Regierung. Etwa acht Millionen Arbeiter haben sich nach Angaben der Gewerkschaften an dem Ausstand beteiligt, das sind etwa 70 Prozent der aktiven Bevölkerung. Regierungsquellen bezifferten die Teilnahme auf 30 Prozent, sahen sich jedoch genötigt, den Erfolg des Streiks einzugestehen. Mit Ausnahme einiger Auseinandersetzungen zwischen Streikposten und Polizei sowie der Festnahme einiger Personen, die versucht hatten, Eingangstüren von Banken zu verkleben, blieb der Protest weitgehend friedlich.
Die Führung der beiden großen Gewerkschaften, der sozialistischen UGT und der kommunistischen CCOO hielt am Donnerstag eine gemeinsame Sitzung ab, um den Streik im einzelnen auszuwerten. Bereits am Mittwoch hatten sie jedoch ihrer Euphorie über die massive Beteiligung Ausdruck verliehen.
Regierungschef Felipe Gonzalez schloß ebenfalls noch am Mittwoch die geforderte Einberufung von Neuwahlen aus und kündigte statt dessen an, sich erneut mit den Gewerkschaften an einen Tisch setzen zu wollen. Die Regierungssprecherin Rosa Conde erklärte am Donnerstag, der Ministerrat werde am heutigen Freitag über den Streik und die daraus zu ziehenden Konsequenzen diskutieren. Die Position der Regierung gegenüber den Gewerkschaften werde aber nicht wesentlich anders sein als am Tag vor dem Streik.
Das Ausmaß des Ausstandes, der als der größte in der Geschichte Spaniens bezeichnet wird, hat alle Seiten überrascht. Der Regierung ist dadurch die Möglichkeit genommen, die Bedeutung durch Zahlenspiele zu verringern. Die Gewerkschaften sehen sich andererseits einem enormen Erfolgsdruck ausgesetzt, wenn auf die große Euphorie nicht eine große Ernüchterung folgen soll.
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