„Der Wildwuchs der Gremien muß aufhören“

■ Nach allerlei Theater wurde Dr.Wulf Preising neuer Direktor der Willi-Weyer-Akademie / Der neue Chef will die verkalkten Verhältnisse der Führungs- und Verwaltungsakademie im DSB zum Tanzen bringen / „Schluß mit endlosen Papieren“

Das Gerangel dauerte einige Jahre. Jetzt hat er es geschafft. Jetzt ist er Direktor der Führungs- und Verwaltungsakademie des Deutschen Sportbundes (DSB) in Berlin: Dr.Wulf Preising. Der 46jährige Kölner Soziologe steht am vorläufigen Ende seines Marsches durch die Institutionen des deutschen Sportwesens.

Danach droht ihm eigentlich nur noch ein Amt in der Chef -etage des DSB. Wer schon einmal mit den konservativ -engstirnig-vergreisten Sport-Funktionären Bekanntschaft geschlosssen hat, dem muß aber Wulf Preising tatsächlich wie ein Robbespierre des deutschen Sports vorkommen. Denn der Sportwissenschaftler vertritt fortschrittliche Positionen im DSB.

Zur Vorgeschichte seiner Thronbesteigung: An der Führungs und Verwaltungsakademie, die 1980 in Berlin gegründet wurde, werden haupt- und ehrenamtliche Sport-Funktionäre aus- und weitergebildet. Hier diskutiert der Sport über sich selbst. Vom Doping über Marketingstrategien bis zur konzeptionellen Neuordnung der Sportorganisationen verhandeln die Funktionäre in mehrtägigen Seminaren so ziemlich alles, was es an Problemen im Sport gibt.

Die Ergebnisse sollen breitenwirksam „nach unten“ weitergegeben werden. Die Kursabsolventen bekommen Handlungsorientierungen, oder besser: „Gebrauchsanweisungen“, an der Akademie mit auf den Weg gegeben. Zu Hause in den Verbänden und Vereinen - so das Konzept der Institution - folgt dann die praktische Umsetzung. An der Fortbildungseinrichtung in Berlin bestimmt der Direktor, von der Auswahl der Themen und Dozenten bis zur inhaltlichen Orientierung, beinahe alles. Kein Wunder, daß die Konservativen im Deutschen Sport gerne ihre Vertreter an der Spitze dieser Institution sehen wollten.

So wurde 1980 Dr.Heinz Jürgen Beuter Chef und 1986 folgte Dr.Siegfried Rinderknecht. In beiden Fällen erhielten die älteren Herren den Vorzug vor Preising. Nach außen hin wurde immer von einer „Personaldebatte“ (Bodo Schmidt, der Vorsitzende des Trägervereins der Akademie, d.h. ein „hohes Tier“ im DSB) geredet. Doch hinter dieser Verklausulierung verbirgt sich das Interesse, bloß keinen „fortschrittlichen“ Geist in die vordersten Reihen des DSB zu lassen. Preisings Vorgänger stellten sich in der Folge allerdings übermäßig blöd an und verstrickten sich in sich in endlose Debatten um die Bezahlung ihres Amts. Beuter wurde schließlich mit einer sechsstelligen Summe abgefunden, und Rinderknecht verhandelte auf dem Arbeitsgericht mit seinen DSB -Geldgebern. So wurde der Weg für Preising letztlich doch noch frei.

Der Soziologe will jetzt mit seinen ideologischen Kontrahenten die Klingen schlagen: „Ich denke, daß die Inhalte der Akademie einige provozieren werden. Aber ich suche die Auseinandersetzung.“ Schon folgende Aussage, die Preising zum Berufsantritt äußerte, dürfte die Konservativen auf die Palme bringen: „Es gibt im DSB unzählige Kommissionen und Beiräte, die unaufhörlich Diskussionspapiere zu allen großen Sport-Themen vom Doping bis zum Kindertraining produzieren. Es gibt einen Wildwuchs von Gremien, der aufhören muß.“

Preising will die Debatten bei sich zentralisieren und eine Art Denkfabrik aufbauen. Damit ist der Konflikt bereits vorprogrammiert. „Zumindest muß mehr Transparenz in die Diskussionsrunden des DSB gebracht werden.“ Glasnost also im DSB. Mal sehen, ob Preising sich halten kann.

Theo Düttmann