Dichter als Vorbild

Die Stadt Konstanz verleiht alljährlich Wilhelm-von-Scholz-Preis an AbiturientInnen / Der Dichter verherrlichte Nazi-Regime / Grüne und PreisträgerInnen verlangen Umwidmung  ■  Aus Konstanz Holger Reile

Jahrelang war es still um den Konstanzer Dichter Wilhelm von Scholz. Der Sohn des letzten Bismarckschen Finanzministers kam 1884 nach Konstanz und starb hier im Jahre 1959. Nach 1945 scheiterten mehrere Anläufe der Konstanzer Stadtverwaltung, Wilhelm von Scholz die Ehrenbürgerwürde zu verleihen.

Von Scholz, der in den zwanziger Jahren zeitweise Vorsitzender der Sektion für Dichtung der Preußischen Akademie in Berlin war, hat sich während der Nazi-Diktatur voll und ganz in den Dienst der braunen Machthaber gestellt. Bis zuletzt verfaßte Wilhelm von Scholz Hymnen auf „Reich“ und „Führer“ und verherrlichte in zahlreichen Texten das Nazi-Regime. Des Dichters Vergangenheit gab damals mit den Ausschlag, daß der Gemeinderat von der Verleihung der Ehrenbürgerwürde absah. Seit 1959 aber wird der von der Stadt Konstanz geschaffene Wilhelm-von-Scholz-Preis an SchülerInnen für die beste Abiturarbeit im Fach Deutsch verliehen. Schon vor Wochen hat die „Freie Grüne Liste“ gefordert, die Preisverleihung einstellen zu lassen oder den Preis umzubenennen. Mehrere Konstanzer BürgerInnen, darunter der bekannte Soziologie-Professor Erhard Wiehn, haben nun Oberbürgermeister Horst Eickmeyer aufgefordert, den Wilhelm -von-Scholz-Preis nicht mehr zu vergeben: „Es ist unvertretbar, daß die Stadt Konstanz heute noch einen Abiturientenpreis subventioniert und vergibt, der den Namen Wilhelm von Scholz‘ trägt.“ Einige ehemalige SchülerInnen, die mit dem umstrittenen Preis ausgezeichnet wurden, haben sich letzte Woche ebenfalls zu Wort gemeldet und wollen „ganz offiziell“ den Preis zurückgeben. „Wilhelm von Scholz war weit mehr als ein Mitläufer“, ließen sie den Oberbürgermeister wissen. Es sei ein Skandal, „wenn der Preis als Auszeichnung für angehende junge Staatsbürger weiter verliehen wird“.

Von der Konstanzer Verwaltungsspitze hat sich bislang lediglich Kulturamtsleiter Dr.Lothar Klein geäußert: „Wilhelm von Scholz war kein Kriegsverbrecher, und seine persönliche Schuld war gering.“