3 x überwiegend laut

■ Schneller, härter, lauter: Die 3-Bands-Heavy-Metolympics im Schlachthof sorgten für vielmehr als fünf Schweißringe im reichlich erschienen Publikum

Die drei Gruppen, die so gar nicht sonntäglich dezent im Schlachthof die Atmosphäre in Wallung brachten, gehörten eindeutig in die Kategorie „schneller, härter, lauter“. Aber auch das Publikum vor der Bühne verdiente sich Bestmarken -Prädikate. Fast vier Stunden lang war es pausenlos in Bewegung - und das durchaus im exzessiven Sinn. Stage diving hieß wieder einmal das sportive Motto der durchgängig männlichen Besucher, die immer wieder die Bühne erklommen, um sich in allen möglichen Flugformationen zurück in die wogende Menge zu stürzen.

Nach Pestilence, einem deutsch-holländischen Quartett, die sich vom Eingangsbereich her (weiter ging es lange Zeit nicht, es war brechend voll) leider nur durch den alles beherrschenden Dröhneinsatz der Fußmaschinen des Drummers hervortaten, legten die nachfolgenden Gang Green noch einmal ein paar Briketts nach. Sänger Chris Doherty tobte über das Schlachthof-Podium wie ein Derwisch und sorgte für eine Menge Stimmung unter den Fans. Denn die Bostonians erwiesen sich als ausgesprochen volksnah. Von den schweißnassen Hechtsprungfanatikern gänzlich unbeeindruckt, hatten sie of

fenbar auch nichts dagegen, wenn alklohol-, sinn- oder auch selbstentrückte Superjubler das Mikrophon an sich rissen und textsicher eigene Sanges- und Schreiinterpretationen in den immer dicker werdenden Mief des Aufführungsortes gröhlten. Erst als Mr. Doherty mitsamt seines Mikroständers ins tanzende Volk hinabstürzte, dort aber unbeeindruckt weitersang, trat die Bühnenpolizei massiv in Erscheinung. Eine unübersehbare Gruppe türkisgekleideter Männer mit dem Aufdruck „Security Crew“ und dem wohlbekannten Gesichtsausdruck „darf ich mal ihr Ticket sehen, sonst passiert gleich etwas„ war an strategisch bedeutsamen Punkten postiert.

Doch zu keinem Zeitpunkt schlug diese zugegeben recht ruppige Stimmung um. Gang Greens Vortrag blieb unvermindert hart und laut, und selbst wenn Doherty Bier über die frenetischen Wackelköpfe vor sich goß, erntete er nur begeisterte Zustimmung. Wie die Lemmige stürzten sich einige in den Tumult, um sich, kaum wieder auf den Beinen, sofort wieder nach vorn zu kämpfen.

So nahm es eigentlich kaum Wunder, daß der abschließende Auftritt von D.R.I. zwar unbarmherzig von der Bühnenseite aus

bestritten wurde, doch das Pulver des Auditoriums weitgehend verbraucht war. Die vier Kalifornier spielten extrem schnell, und das ohne Unterlaß. „I don't need society“ war so ein programmatischer Titel, stakkatoartige Schlagzeugattacken, eine kreischende Gitarre und stimmbandzerstörerische Vokaleinsätze des Sängers Kurt Brecht gingen akustisch bis an die Schmerzgrenze. Einige Unentwegte unter den Zuhörern konnten es immer noch nicht lassen, aber im ganzen war schon ein wenig die Luft raus. Ärgerlich war die zuweilen unprofessionelle Instandsetzung von Gitarre und Baß, die ständig nachgestimmt und korrigiert werden mußten. Der Lautstärke tat dies natürlich keinen Abbruch und der Vermehrung von Schweiß-und Alkoholdünsten in den noch vorhandenen Molekülen Atemluft erst recht nicht.

Als nach Mitternacht strömender Regen die nicht minder strömenden Massen empfing, wurden die Besuchsausmaße dieses Ereignisses klar. WOB'OL'HH'PI und BS war nur ein Bruchteil auswärtiger Autokennzeichen, die eindrucksvoll bewiesen, daß dem großstädtischen Ambiente Bremens auf dem Lande nicht viel entgegensteht.

Jürgen Francke