Azubis reisen zum Bildungssenator

■ BerufsschülerInnen aus Vegesack rückten ihrem Oberschulrat auf die Bude

Gestern gingen die BerufsschülerInnen ran. An den Mann nämlich, der sich ihnen morgens in Vegesack verweigert hatte: Oberschulrat Christian Hannig sollte - in Vertretung des eigentlich eingeladenen Bildungssenators - in die Kerschensteiner Straße aufs Podium kommen, Rede und Antwort stehen und vor allem für Abhilfe sorgen: „42 Prozent Unterricht fällt aus“, hatten SchülerInnen und Schulleitung ausgerechnet. Und: Nach der „NOMEB“, der Neuordnung der Metall-und Elektroberufe, fehlen am Berufsschulzentrum 14,5 qualifizierte LehrerInnen, die den Azubis mehr beibringen als Prozentrechnen - etwa den Umgang mit Computern und moderner KFZ-Technik, den die Betriebe selbstverständlich erwarten.

Als weder Franke noch Hannig kamen, mieteten die rund 70 Azubis kurzentschlossen einen Bus und fuhren mit ihren Transparenten und einer Nikolaus-Rute für die Politiker in die Stadt. Die Bildungebehörde machte erstmal die Tür zu, wollte nur eine kleine Delegation empfangen und ließ den Rest im kalten warten. Erst als das erste Transparent an der Hochstraße flatterte, die Polizei pflichtschuldigt im Anmarsch war und die IG-Metall-Jugendsekratärin Inge Lies in der Behörde anrief, kam Hannig heraus und stellte sich den erbosten, aber gut argumentierenden Jugendlichen. „Die haben - ohne irgendwelche Lehrer - hartnäckig und gut ihre Argumente vorgetragen“, freute sich der grüne Bildungsexperte und MdBB, Hans-Joachim Sygusch. Und Inge Lies ergänzte: „Für die Azubis gibt es wenig Fürsprecher, die haben das toll selbst in die Hand genommen!“ Das vorläufige Ende vom Lied: Gleich nach Schulbeginn im Januar '89 will der Oberschulrat Hannig nun doch nach Vegesack kommen und sich persönlich ein Bild machen. Ob sich aus dem Pool des „Einstellungs-Korridors“ Stellen und zugehörige LehrerInnen für die Kerschensteiner Straße fischen lassen werden und wieviele und ob qualifizierte, ist offen. S.P