Polens Opposition ergreift Initiative

Solidarnosc gründet „Bürgerkomitee“ zur Beratung aller nationalen Fragen / Das Parlament wird Ende der Woche eine neue Wirtschafts- politik sanktionieren: Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Privatbetriebe und Steuerbefreiung für ausländische Investoren  ■  Von Klaus Bachmann

Berlin (taz) - Mit der Gründung eines Bürgerkomitees in Warschau hat die polnische Opposition versucht, den ins Stocken geratenen Dialog mit der Regierung wieder in Gang zu bringen. Am Wochenende trafen sich auf Einladung von Arbeiterführer Lech Walesa insgesamt 128 Solidarnosc -Aktivisten, oppositionelle Künstler, Schriftsteller und Vertreter politischer Gruppierungen, um das neue Gremium zu konstituieren. Es soll nach Aussage eines Sprechers ein Aktionsprogramm für die künftige Arbeit der Opposition aufstellen und die Verhandlungen mit der Regierung in 15 Arbeitsgruppen inhaltlich vorbereiten. An der Spitze von zwei Arbeitsgruppen stehen Alexander Paszynski und Witold Trzeciakowski, die beide vor einigen Wochen ein Angebot von Premier Rakowski zum Eintritt in seine Regierung abgelehnt hatten. Die Bildung dieses „Bürgerkomitees“ erhält noch zusätzliche Bedeutung durch die für Dienstag und Mittwoch einberufene Sitzung des Zentralkomitees der PVAP, auf der weitgehende personelle Änderungen erwartet werden. In vorab veröffentlichten Thesen zu dem Plenum sind unter anderem die Forderung nach innerparteilicher Demokratie und Veröffentlichung von Meinungsunterschieden in der Partei enthalten. In einer Erklärung hat das oppositionelle Bürgerkomitee deutlich gemacht, daß Verhandlungen mit der Regierung erst in Frage kommen, wenn von deren Seite eine eindeutige Willenserklärung über die Legalisierung der verbotenen Gewerkschaft vorliegt. Unterstützung für Solidarnosc gibt es indessen aus Ungarn: In einer Antwort auf eine Botschaft der verbotenen Gewerkschaft drückte die neugegründete ungarische Gewerkschaft wissenschaftlicher Angestellter ihre Unterstützung für die Bemühungenen von Solidarnosc um Wiederzulassung aus.

Weitgehende Veränderungen in der Wirtschaft werden am Ende der Woche vom polnischen Sejm beschlossen. Dem polnischen Parlament liegen Gesetzesentwürfe vor, die eine wesentliche Vereinfachung bei der Gründung von Privatbetrieben vorsehen. Statt aufwendiger Genehmigungsverfahren sollen künftige Unternehmen ihr Vorhaben nur noch registrieren lassen müssen. Der Anteil, den Ausländer bei Joint Ventures maximal halten dürfen, wird auf 100 Prozent der Einlagen erhöht. Steuerlich sollen künftig private und staatliche Betriebe gleich behandelt werden. Ausländische Investoren zahlen während der ersten drei Jahre in Polen überhaupt keine Steuern.