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KOMMENTARGemeinsames Ziel

■ Polens Opposition formiert sich neu

Polens Opposition, die im Zuge der innenpolitischen Liberalisierung der letzten Jahre dabei war, sich in immer mehr miteinander konkurrierende Gruppen und Grüppchen aufzuspalten, hat sich noch einmal zusammengerauft. 128 Oppositionelle haben in Warschau unter Vorsitz von Arbeiterführer Walesa eine Art Schattenkabinett gebildet und klar gemacht, daß ihre Einzelinteressen bei den anstehenden Verhandlungen mit der Regierung hinter einem gemeinsamen Ziel zurückstehen sollen: Der Wiederzulassung von Solidarnosc.

Ein Detail hat dabei geradezu Symbolwert für das Dilemma, in dem die Staatsmacht in Polen steckt. Der in den 60er Jahren wegen Revisionismus aus Partei und Hochschule geworfene Philosoph Leszek Kolakowski durfte zum erstenmal wieder nach Polen einreisen. Mit den gleichen Ansichten, für die er damals aus der Partei geworfen wurde, könnte er heute ohne Schwierigkeiten Minister in Rakowskis Kabinett werden. Doch Kolakowski ist nicht aus London angereist, um sich mit den Genossen von damals zu verbrüdern, sondern er hat als Gast Lech Walesas an der Gründung des Bürgerkomitees teilgenommen.

Der Partei muß es zu denken geben, daß die Genossen von damals heute auf der anderen Seite der Barrikade stehen. Gerade jetzt, wo in der Partei der Kampf um weitgehende Reformen geführt wird, wird jeder fortschrittlich denkende Genosse gebraucht. Jetzt erweist sich, wie weit die Säuberungen nach der Verhängung des Kriegsrechts die Partei zurückgeworfen haben. Die Opposition scheint die Hoffnung auf positive Veränderungen aus der Partei heraus dennoch nicht aufgegeben zu haben. Man hoffe, heißt es, die Reformer würden sich durchsetzen. Auf dem ZK-Plenum am Dienstag und Mittwoch werden sie Gelegenheit haben, zu beweisen, daß sie stark genug dazu sind.

Klaus Bachmann

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