Die Weser soll breiter werden

■ Ehemaliger Hafenbaudirektor und Bürgerinitiative Reinhardshagen sind die Sieger des Wettbewerbs „Lebensraum Weser“ / Haupteinleiter Industrie beteiligte sich nicht daran

Wenn der Vorschlag, die Ufer der Weser zwischen Bremen und Dedesdorf beidseitig um 100 Meter zurückzunehmen und damit den Fluß erheblich zu verbreitern, von einem anderen gekommen wäre, hätte er wohl eher Hohn und Spott statt Ehrungen geerntet. Jetzt wagte sich eben damit der ehemalige Hafenbaudirektor Heinrich Flügel an die Öffentlichkeit und erhielt prompt einen ersten Preis - in dem vom Weserbund und der Bremer Sparkasse veranstalteten Ideenwettbewerb „Lebensraum Weser“.

In diesem Wettbewerb sollen „realitätsbezogene, technisch und wirtschaftlich durchführbare Projekte“ bewertet werden, die zu einer Verringerung der ökologischen Belastung der Lebensräume von Weser, Werra und Fulda führen. Nach Auffassung von Flügel führe sein Vorschlag zu einer Wiederherstellung natürlicher Ufer, zum Teil mit Sandstränden.

Durch die Vergrößerung der Wasseroberfläche der Weser und der damit verbundenen erweiterten Sauerstoffaufnahme würde auch das Selbstreinigungsvermö

gen des Flusses verbessert. Der ehemalige Profi, der seinen eigenen Vorschlag vor einigen Jahren wohl noch intensiv bekämpft hätte, warb auch für eine Verbesserung der Strumflutvorkehrungen

Mit dem zweiten Platz im Ideenwettbewerb wurde gestern die Dortmunder „Planungsgruppe vor Ort“ ausgezeichnet. In einer Festschrift zum 10jährigen Jubiläum hatte sie die Informations- und Forschungsarbeit eines fiktiven „Weserzentrums“ gewürdigt.

Den 3. Preis erhielt eine Forschungsarbeit über die regionalen Funktionen der unteren Fulda, einen Sonderpreis gab es für den Vorschlag, noch in diesem Jahr einen „Weserreinigungstag“ durchzuführen. Der Weserpreis 1988, mit dem bereits realisierte ökologische Projekte und Maßnahmen prämiert werden, wurde der Bürgerinitiative Reinhardshagen für ihre 10jährige Umweltschutzarbeit verliehen.

Obwohl sich Weserverbund und Bremer Sparkasse in der Ausschreibung ihres Wettbewerbs neben Privatpersonen, Initiativen

und Verbänden ausdrücklich auch an Unternehmen gewendet hatten, war aus diesem Bereich keinerlei Reaktion gekommen. Dabei ist seit langem bekannt, daß die industriellen Einleitungen zu einem wesentlichen Teil an der Verschmutzung der Flüsse beteiligt sind.

So gut die jetzt prämierten Vorschläge auch immer gemeint sein mögen, machen sie doch eines sehr deutlich: So lange die Schadstoffeinleitungen nicht drastisch reduziert werden

-und da sind in allererster Linie die Kommunen und die industriellen Einleiter angesprochen - sind Weserverbreiterung, Weserreinigungstage oder gar der von einem Sportangler vorgeschlagene Verzicht auf die Verwendung von Bleigewichten nicht mehr als eine sinnvolle Freizeitgestaltung für Wettbewerbsjurys. om