Strom und Wärme selbst gemacht

Der Werkhof nahm erdgasgetriebene Kraft-Wärme-Kopplung in Betrieb hier bitte das Foto mit dem Motor-Foto  ■ 

Foto: Herve Maillet

Der Werkhof in der Neustadt ist ein selbstverwalteter Handwerksbetrieb. Fahrräder werden dort repariert, Autos und Fernsehgeräte. Seit gestern hat der Werkhof etwas Neues: ein eigenes Kraftwerk. Natürlich nur ein kleines. Ein VW-Polo -Motor surrt erdgasgetrieben vor sich hin und treibt einen Generator. Der Generator erzeugt Strom für die Lampen, Bohrmaschinen, Lötkolben und alles übrige Gerät in den Werkstätten. Wie alle Motoren läuft auch der Kraftwerksmotor heiß und muß mit Wasser gekühlt werden. Das Kühlwasser schicken die Werkhof-Leute durch ihre Heizkörper. Ist die Bude warm und das Kühlwasser wieder kühl, dann läuft es zurück an den heißen Motorblock und Auspuffkrümmer.

So einfach funktioniert die „Wärme-Kraft-Kopplung“. Gestern um 11 Uhr setzte der Werkhof die seine per Knopfdruck in Betrieb und erhofft sich davon eine „Initialzündung“. Wohnhäuser und Kleinbetriebe sollen nach Werkhof-Beispiel dezentral mit Energie versorgt werden. Völlig autark werden sie damit aber nicht: Spitzenbedarf an Strom und Wärme wird nach wie vor von den Stadtwerken bezogen. Und: Wenn der Generator des hauseigenen Kraftwerks überschüssigen Strom liefert, kann er ins Stadtwerkenetz zurückgespeist werden.

Das ist neu. Die Wärme-Kraft-Kopplung im Werkhof ist bisher der einzige Kleinproduzent, der Strom an die Stadtwerke liefert. Vorgestern installierten deren Elektriker im Werkhof einen Stromzähler, der erstmals in der entgegengesetzten Richtung mißt: Eingehenden anstatt hinausgehenden Strom. 9,2 Pfennig zahlen die Stadtwerke pro Kilowattstunde an den Werkhof. Für den Strom, den sie an private Haushalte verkaufen, berechnen sie - je nach Tarif unterschiedlich - zwischen 22 und 25 Pfennige.

Die Werkhofleute haben an ihrem kleinen Kraftwerk rund zwei Jahre getüftelt. Hilfe kam vom Arbeitsamt in Form von ABM -Geldern. Besonders stolz sind sie auf ihre „speicherprogrammierte Steuerung“, die in einem grauen Schaltkasten an der Wand hängt. Die Steuerung paßt auf, daß in Motor und Generator alles in Ordnung ist. Sie steuert aber insbesondere die Charakteristik des Stroms, den der Generator liefert. Denn die Stadtwerke nehmen beileibe nicht alle Qualitäten, sondern nur Drehstrom, der nach Spannung, Frequenz und Stärke dem eigenen genau entspricht.

Was sie ihr Kraftwerk gekostet hat, das kriegen die Werkhof -Leute nicht mehr zusammengerechnet. Was sie aber wissen: Heizung und Strom sind jetzt täglich 12 Mark billiger als früher.

Die Firmen Energie-Werkstatt in Hannover und Comuna Metall in Herford bauen die Kleinkraftwerke bereits in kleinen Serien. Wer sich eins in den Keller stellen will, muß dafür 15.000 Mark locker machen. In rund sechseinhalb Jahren soll sie sich amortisiert haben.

mw