Unstimmigkeiten

■ Warum Murnau nun doch nicht nach Berlin kommt

Zwar gab es noch keine offizielle Mitteilung, aber es stand schon in den Zeitungen zu lesen. Die derzeit im Düsseldorfer Stadtmuseum präsentierte Murnau-Ausstellung sollte ab 5. Februar im Berliner Amerika-Haus zu sehen sein, pünktlich zur Berlinale. Für die Übernahme hatte die Stiftung Deutsche Kinemathek beim Senat 30.000 DM beantragt, von der Kinemathek stammen sowieso etwa die Hälfte aller Exponate. Nun wurde die Ausstellung für Berlin kurzfristig abgesagt. Ein Skandal, finden die einen: In Bielefeld hat Murnau nur seine ersten vier Lebensjahre verbracht, Berlin hingegen war seine Wahlheimat, dort sind die meisten seiner Filme entstanden.

Gerüchte besagen, daß der Senat die für die Übernahme veranschlagten 30.000 DM nicht aufbringen will, was verwundert, wo er doch sonst so berlinfixiert Kulturpolitik macht. Er soll die Kinemathek gar aufgefordert haben, die Ausstellung über Lotto-Anträge zu finanzieren, aber dafür dürfte es etwas zu spät sein.

Werner Sudendorf von der Kinemathek stellt die Geschichte etwas anders dar; er kann an der Absage weiter nichts Schlimmes finden. Die Kinemathek organisiere doch oft Ausstellungen, die nicht nach Berlin kämen und außerdem habe es Probleme gegeben zwischen den Organisatoren der zuerst in Bielefeld gezeigten Ausstellung und den Berlinern. „Unstimmigkeiten“, sagt Sudendorf, was die Behandlung der Stücke angeht und die Finanzen. In Bielefeld sei die Ausstellung in einem Raum gezeigt worden, die Objekte hätte man von überallher sehen können, im Amerika-Haus müsse die Ausstellung über mehrere Räume verteilt werden, das koste wohl doch mehr Geld als die ursprünglich kalkulierten 30.000 DM. 20.000 DM mehr wollte die Kinemathek dem Senat wohl nicht zumuten, dabei hätte sie es doch wenigstens mal probieren können. Vielleicht hat sie es nicht probiert, da die Kinemathek nicht vom Senat unabhängig ist.

So bleibt es zur Berlinale bei der ebenfalls vom Senat finanzierten Alexandre-Trauner-Ausstellung: Trauner ist der wohl bekannteste Filmarchitket, der schon für Carne, Welles und Wilder arbeitete und auch Wim Wenders‘ Himmel über Berlin baute. Außerdem steht, so Sudendorf, das nächste Murnau-Jubiläum sowieso bald ins Haus, anstelle einer Ausstellung zum 100. Geburtstag (am 28. Dezember diesen Jahres) könne man ja 1991 eine Ausstellung zum 60. Todestag zeigen.

chp

Die Murnau-Ausstellung ist noch bis zum 15. Januar im Düsseldorfer Stadtmuseum zu sehen. Der bei der Bielefelder Verlagsanstalt erschienene vorzügliche kleine Katalog (120 S., ca. 100 Abb. 25 DM) enthält Biografie, Film -Dokumentation und Beiträge von Dietrich Kuhlbrodt, Dietrich Leder, Rainer Gansera und Klaus Kreimeier. Der Anhang versammelt u.a. bisher unveröffentlichte Dokumente.