Anna im Kino

■ Die 87er TV-Serie besetzungsgleich und weihnachtsfroh im Kino: ein 4-Mill.-Mark-Coup des Fernsehserien-Teams

Nein, die Fernsehserie habe ich nicht gesehen. Aber sie ist ein bundesdeutsches Phänomen, sagt man. Ich liebe bundesdeutsche Phänomene. Sie haben meist etwas sehr selten Dämliches.

Anna - Der Film hat das auch. Dieses gewisse Etwas teutonischer Beschränktheit. Alles ist irgendwie nett, alle Menschen sind richtig liebe Kerlek, sogar beim Schwitzen frischgeduscht und adrett wie meine Mama, die Wohnungappartementsunterkünfte sind lenorduftig, teppichweiß und kleinbürgerschick. Wie diese sicherlich optimalen Jugendzimmer aus Schöner-Wohnen-&-Co.

Deutsche Fernsehserien haben keinen Glamour. Das ist auch gut so. Deutsche Fernsehserien sind meist einbauküchenkleinstädtisch. Das nun deprimiert.

Anna - Der Film ist natürlich der Film. Aber er rettet all diese furchtbar netten Eigenschaften auf die Leinwand hinüber. Herr Tanner (Eberhard Feik) von Schimanski ist Annas Vater. Der hält seinen honiggelben Schnauzbart vor die wollweißgepflegte Gattin und die honiggelbe Holzvertäfelung des Eigenheims mit dem selbstgemalten Namensschild an der Eigenheimstür. Das macht er aber erst zum Schluß.

Ich weiß natürlich nicht, was bisher geschah. Im Rahmen jenes 87er Bundesdeutschen-Phänomens-Weihnachts-TV-Stücks gleichen Namens. Ich glaube, Annas Rollstuhlfahrerfreund Rainer (Patrick Bach) hat aus Anna mit all seiner Liebe und un

verdrossenem Trotzdem-sind wir-immer-ulkig-Optimismus eine Tänzerin gemacht. Die Tänzerin tanzt darum jetzt filmeingangs in Ingolstadt. Da sitzt sie über gelbstichigen Schön-Häusern auf der Schaukel des Theaterdachs. Künstler sind eben irre putzige Menschen.

Fast alle in diesem Film sind irre putzig wie in der LBS-Zukunft-ein-Zuhause-Reklame: die jungen Leute benehmen sich konsequent wie in einem Bausparkassen-, Ketchup-oder Frech-Kaffee-Werbeclip, tanzen und machen frischgeduschte Popmusik und irre fröhliche Gesichter und einer spielt bestimmt irgendwo Saxophon; die Ballettleute sind spleenig wie die englischen Ladies; Amerikaner sind lustig. Und sooo herzlich.

Bloß der Film-Ami David (Jon Peterson) ist wirklich liebenswert. Der kann nämlich tanzen wie Fred Astaire, balancieren und Anna (Sylvia Seidel, die nach Anna 87 dermaßen ein Star wurde, daß sie sogar bei Frank Elstner mitmachen durfte und zwar mit Kopftuch) noch beim Rückenverbiegen zärtelnd durchs Gesicht streichen. Überhaupt hat er so was Leidenschaftliches und enorm Kurzsichtiges. Das lieben alle Brillenträger. Aber es hat seine Tücken. Das Ende (das kommt vor dem Schluß) ist geschickte No-Name -Werbung für Kontaktlinsen im Allgemeinen. Those, who God loves, dy young Die anderen werden Tänzer oder machen Fernsehserien.

Petra Höfer