: In die Höhe bauen
■ Die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften wollen in den nächsten Jahren mehr Wohnungen bauen / Wenige Grundstücke führen zum Trend zum Hochhaus
Viel mehr bauen als bisher wollen die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften in den nächsten Jahren, wie deren Verbandsvertreter gestern vor der Presse erklärten: 11.000 Wohnungen, ein Drittel des von Senatsseite angepeilten Endziels von 30.000 Wohnungen, könnten sie bis Ende 1992 erstellen. Dazu bräuchten sie weder mehr Eigenkapital noch mehr Leute, denn mit dem herannahenden Ende der Altbaumodernisierung werden dort Kapazitäten frei.
Was jedoch fehlt, sind Grundstücke: Nur 285 Wohnungen von Gemeinnützigen wurden 1987 fertig, bis Ende 1991 sind weitere 2.900 geplant - wenig für einen Verband, dem über ein Viertel des Berliner Wohnungsbestandes gehört. Deshalb planen sie bis Ende 1991 weitere 1.300 Wohnungen durch Dachgeschoßausbau, und zwar preisgebundene Sozialwohnungen und nicht, wie meist bei privaten Hausbesitzern, freifinanzierte, die um die 14 Mark pro Quadratmeter kosten. Das könnten sich die, die von der Wohnungsnot besonders betroffen sind, nämlich Studenten, junge und kinderreiche Familien und Aussiedler, nicht leisten. Auch der größte Teil des Neubaus soll im Sozialen Wohnungsbau entstehen und nicht im teuren, von privaten Bauherren bevorzugten dritten Förderweg.
Die Gemeinnützigen klagen nicht nur über fehlende Grundstücke, sondern auch darüber, daß deren Kaufpreis meist über dem Verkehrswert liegt, im Verhältnis zur Ausnutzungsmöglichkeit des Grundstücks zu hoch ist und daß Befreiungen zur dichteren Bebauung von Bezirken oft versagt werden. Das ist auch der Haken an den Vorstellungen der Gemeinnützigen, denn es bedeutet konkret, daß sich bei ihnen der Trend zum Hochhaus wieder durchsetzen wird.
In der Verbandszeitung 'Wohnen in Berlin‘ heißt es, man könne sich den „Luxus drei- oder viergeschossiger“ Häuser in der Innenstadt nicht mehr leisten. Vorgeschlagen wurden einzelne Wohnhochhäuser in der Stadt, aber auch Überbauungen von Autobahn und S-Bahngleisen nach dem Muster des Wohnkomplexes Schlangenbader Straße, ein vergleichsweise häßliches Betonteil in Wilmersdorf. Städtebauliche Überlegungen spielten bei der gestrigen Pressekonferenz keine Rolle. Man kann nur hoffen, daß sich solche Sünden, wie beispielsweise der Schöneberger Sozialpalast, nicht wiederholen.
Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus forderte gestern den Senat auf, landeseigene Grundstücke zum Wohnungsbau ausschließlich an gemeinnützige Unternehmen und Genossenschaften zu vergeben.
esch
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