: Alte Alimente auch bei neuer Liebe
Unterhaltsanspruch auch bei neuem Freund / Bundesgerichtshof entschied zugunsten geschiedener Frauen / Auch bei Zusammenleben mit einem neuen Partner erlischt der Unterhaltsanspruch nicht ■ Von Vera Gaserow
Berlin (taz) - Eheleute müssen grundsätzlich auch dann Unterhalt für ihre geschiedenen Gatten zahlen, wenn diese mit einem neuen Partner unverheiratet zusammenleben. Dies hat jetzt der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung klargestellt. Dieser Urteilsspruch betrifft hauptsächlich nicht berufstätige Frauen, die wegen der Betreuung der gemeinsamen Kinder kein eigenes Einkommen haben. Das Zusammenleben der geschiedenen Ehefrau mit einem neuen Partner stellt nach Ansicht der Bundesrichter keine Unzumutbarkeit dar, die den früheren Ehemann von seiner Unterhaltspflicht entbinden könnte.
Allein wenn das neue Zusammenleben für den Ex-Ehemann unter „kränkenden oder sonst anstößigen Begleitumständen geschieht“ und eine Heirat mit dem neuen Partner nur deswegen unterlassen wird, um den Unterhalt zu kassieren, wäre diese Zahlungsverpflichtung eine unzumutbare Härte.
Bisher konnten sich Ehemänner meist erfolgreich vor den Unterhaltszahlungen drücken, indem sie nachwiesen, daß ihre geschiedene Frau mit einem neuen Freund zusammenlebt. Der „Neue“ könne ja schließlich auch für sie zahlen, argumentierten sie. Die Gerichte gaben den Männern in der Regel recht und gingen bei der Festsetzung der Alimente von einem fiktiven Unterhalt des neuen Partners der Ehefrau aus, egal ob der neue Freund zahlte oder nicht. Diese Regelung führte nicht nur zu einer neuen finanziellen Abhängigkeit der Frauen - diesmal nun von dem neuen Partner - sondern artete häufig auch in eine erniedrigende Schnüffelei aus. Um nicht ihre Unterhaltsansprüche zu verlieren, mußten geschiedene Frauen vor Gericht detailliert nachweisen, daß sie mit dem neuen Partner keine Haushaltsgemeinschaft führten, nicht für ihn kochten oder die Wäsche wuschen.
Dieser Praxis hat der BGH nun mit seiner Entscheidung erst einmal einen Riegel vorgeschoben. Er stellte auch klar, daß es der unterhaltsbrechtigten Ehefrau freisteht, wie sie das Geld verwendet. Selbst wenn sie damit den neuen Partner finanzielle unterstütze sei das kein Grund, ihr den Unterhalt zu entziehen. Allerdings gingen die Richter davon aus, daß die geschiedenen Ehefrauen ihren neuen Partner nach Möglichkeit auch zur finanziellen Unterstützung heranziehen. Ob der Unterhaltsanspruch der Ehefrauen möglicherweise dann erlischt, wenn die neue Beziehung und Lebensgemeinschaft schon Jahre andauert, ließen die Richter offen. (AZ IVb ZR 18/88)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen