SPD-Parlamentarier doch bespitzelt

VS-Mann „Max“ bestätigt besonderes Interesse an den Informationen des VS-Kontrolleurs Pätzolds Das Leck im Dienst sollte gefunden werden / Er selbst war als undichte Stelle in Verdacht geraten  ■  Aus Berlin Wolfgang Gast

Der Führungsbeamte des V-Mann Telschow hat in einer geheimer Sitzung des Berliner Untersuchungsausschusses die Vorwürfe weitestgehend bestätigt, daß der Berliner Verfassungsschutz (VS) den SPD-Parlamentarier Erich Pätzold ausspioniert hat.

Der Verbindungsmann mit dem Decknamen „Max Fock“ räumte ein, daß er ein besonderes Interesse an der Herkunft der Informationen von Pätzold gehabt hat. Bei seinen Treffen mit Telschow - vor und nach dessen Besuchen bei Pätzold - will er sich allerdings „neutral verhalten“ haben und keinen direkten Auftrag für die Ausspähung Pätzolds gegeben haben.

Pätzold hatte in den Wochen zuvor wiederholt öffentlich heftige Vorwürfe über das Treiben des VS erhoben. Das Pikante an der Sache: Pätzold ist Mitglied der Parlamentarische Kontrollkommission (PKK), die den Verfassungsschutz eigentlich kontrollieren soll. Die Aussagen des VS-Beamten bestätigen damit, daß ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes versucht hat, das PKK -Mitglied als „mögliche Erkenntnisquelle“ zu nutzen.

Ein besonderes Interesse hatte „Max“ auch deshalb, weil er im Landesamt als der mögliche „Durchstecher“ (VS-Chef Wagner) gehandelt wurde. Der Amtsleiter Dieter Wagner soll den V-Mann-Führer wegen des Verdachts auch derart ins Verhör genommen haben, daß dieser mit einem Kollaps zusammenbrach. Nach dem Verhör hat sich „Max“ dann mit der Bitte um Rechtsschutz an die Gewerkschaft ÖTV gewendet.

Der Verfassungsschützer„Max“ erklärte vor dem Ausschuß weiter, Telschow habe sich subjektiv als „V-Mann“ fühlen müssen. Auch im Amt habe es erst nach seiner Verurteilung zu einer einjährigen Freiheitsstrafe (er hatte im Rahmen der Anti-IWF-Kampagne Steine gegen ein Hotel geworfen und eine Luxuslimousine demoliert) eine Diskussion um seinen Dienststatus gegeben. Bei diesem Gespräch soll der Terminus „Probephase“ für den VS-Neuling aufgekommen sein. Der Anwerber des VS bekräftigte auch, daß er in der Verurteilung Telschows wegen schweren Landfriedensbruchs kein größeres Problem gesehen habe. In der Szene, auf die er angesetzt war, hätte er damit „eine Mutprobe bestanden“. Und mit dem Hinweis auf seine Bewährung, hätte er künftig an strafrechtlich verfolgbaren Aktionen nicht teilnehmen müssen. Wie „Max“ weiter bestätigte, sollte Telschow an die militante Szene herangeführt werden.

In der Sitzung des Untersuchungsausschusses, die am Donnerstag bis in den Abend dauerte, bestätigte „Max“ weitgehend auch die anderen Aussagen des früheren V-Mannes. Lediglich in der Frage, ob dem V-Mann noch nach der von Innensenator Kewenig am 4.Oktober verfügten „Stillegung“ Hunderte von Fotos zur Identifizierung vorgelegt wurden, widersprach der Führungsbeamte. Die Fotovorlagen sollen noch vor dem 4.10. erfolgt sein.

Hatte VS-Chef Dieter Wagner vor dem Ausschuß behauptet, er habe eine Weisung des Innensenators vom 4.Oktober dahingehend interpretiert, daß der V-Mann Telschow weisungswidrig noch wochenlang für das Amt tätig war, sagte Telschows Führungsbeamter jetzt aus, die endgültige Weisung zum „Kappen der Taue“ habe er erst am 25.November erhalten. Die Entlassung des gutplazierten Telschows hätte ihm leid getan. Er habe Telschow dann aus psychologischen Gründen versprochen, sich nach der Wahl telefonisch wieder bei ihm zu melden.