Saarland-betr.: "Aschenputtelsyndrom", taz vom 17.12.88

betr.: „Aschenputtelsyndrom“, taz vom 17.12.88

Ich finde es eigentlich schon mehr als schade, daß in dem Artikel über die angeblichen Bemühungen des Saarlandes, ein Modell eines „Sanften Tourismus“ zu fördern, von der Autorin Edith Kresta wohl gar nicht der Versuch gemacht wurde, die auf dieser Diskussionsveranstaltung von Jo Leinen gemachten Aussagen über das Fremdenverkehrskonzept des Saarlandes auch nur ein bißchen kritisch zu hinterfragen und mal mit der Realität zu vergleichen. Denn da hätte sich eine große Kluft zwischen „Schein und Sein“ aufgetan. Der in den letzten Jahren zum „Ankündigungsminister“ degradierte Jo Leinen macht dem hier wieder alle Ehre.

Ich möchte da nur mal ein paar Beispiele aus einer Region des Saarlandes, nämlich dem Kreis Merzig-Wadern aufzeigen, die verdeutlichen, daß die saarländische Regierung und auch Jo Leinen mit dem Projekt „Sanfter Sommer Saarland“ mal wieder den Leuten die Augen zuschmieren wollen und letztlich eine Alibi-Sache propagieren. Die knallharte Realität hier in unserem Landkreis sieht so aus:

Es wird ein 500-Betten-Hotel als Management -Erholungszentrum mit Tennisplätzen, Squashhallen, Schwimmbad, Sauna, einem Golfplatz und einer Handballhalle auf einem landeseigenen Gelände in einem Landschaftsschutzgebiet (!) „Salzbachtal“ geplant; am Stausee Losheim befürwortet das Umweltministerium die Erweiterung eines Campingplatzes und den Bau eines Hotels im direkten Seeumland gegen den Widerstand von BUND, Naturschutzbeauftragten und Grünen; an der zur „Kanalröhre“ verkommenen Saarauenlandschaft plant man bei Merzig einen Sportboothafen mit 300 Bootsplätzen, Hotel, Freianlagen, Werkstatt, Ferienwohnungen, Bootshallen , Squashhallen, Sporthalle und Tennisplätzen; im Hochwaldraum ist seit Monaten die große „Golfplatz-Euphorie“ ausgebrochen. Und das alles in einem Landkreis, der von seinen landschaftlichen Reizen und Gegebenheiten her als Ruhe-, Erholungs- und Entspannungsfeld eigentlich ganz in Ruhe gelassen werden sollte. Denn eine weitere Zersiedelung, ein weiterer Landschaftsverbrauch, ein weiterer Eingriff in das Ökosystem hätte hier katastrophale Folgen.

Aber das alles wurde natürlich nicht auf dieser Diskussionsveranstaltung thematisiert. Schade, denn Jost Krippendorff oder die Naturfreunde hätten sich da mal in der „Provinz“ informieren sollen - ebenso wie die taz -Reporterin. Ich lade die taz hiermit konkret ein, eine Reportage über diese Projekte und ökologischen Auswirkungen bei uns hier zu machen. Denn das Saarland ist noch sehr weit weg vom Modell „Sanfter Tourismus“.

Joachim Selzer, Die Grünen Merzig-Wadern