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In Chalatenango fehlt es an allem

Solidaritätsgruppen organisierten einen „Konvoi für El Salvador“ / Jürg-Weis-Delegation besuchte Rückkehrer im Kriegsgebiet / Militärs behindern Nahrungsmittellieferungen / Fast alle Kinder erkrankt / „Wir sind auf internationale Hilfe angewiesen“  ■  Aus San Salvador Tina Lesch

Wie ausgestorben liegt der Marktplatz von San Jose las Flores in der Morgensonne. Doch plötzlich durchbricht ein Hubschrauber die Stille am ersten Weihnachtstag im Dörfchen in den Bergen von Chalatenango. Ein hohes Pfeifen, dann detoniert eine Mörsergranate. Die Menschen haben sich in die niedrigen Häuser zurückgezogen. Soldaten der von US -Spezialisten ausgebildeten Eliteeinheit Atlacatl besetzen das Dorf im Norden El Salvadors, unweit der Grenze zu Honduras. Vom Kirchenportal aus verfolgt eine Gruppe von Europäern das Geschehen. Sie sind gekommen, um einen „Konvoi für El Salvador“ in diese abgelegene Gegend zu organisieren.

Es fehlt hier an allem. Die Regierung blockiert Nahrungsmittellieferungen und andere Hilfssendungen, die vor allem von kirchlichen Organisationen aus der Hauptstadt bereitgestellt werden. Denn San Jose las Flores liegt in einer Zone, die weitgehend von der Guerilla kontrolliert wird. Die Europäer - etwa zur Hälfte Bundesdeutsche - sind Mitglieder der 39köpfigen sogenannten Jürg-Weis-Delegation. (Der Schweizer Theologe Jürg Weis wurde im vergangenen August auf dem Weg in eine solche Konfliktzone von Regierungssoldaten erschossen.) Nur durch die Intervention des deutschen Botschafters konnte die Weihnachtsdelegation des Münchner Ökumenischen Büros und der Christlichen Initiative Romero, beide seit Jahren in der El-Salvador -Solidaritätsbewegung engagiert, einen Passierschein erhalten.

Jahrelang war San Jose las Flores ein Geisterdorf. Die Bewohner waren geflohen, als die Militärs 1980 bis 1982 die Strategie der verbrannten Erde anwandten; im Rahmen der Aufstandsbekämpfung waren die Dörfer bombardiert worden.

Seit 1986 organisierten dann ganze Dorfgemeinschaften eine kollektive Rückkehr an ihre angestammten Orte. „Wir wollten nicht mehr in der Gefangenschaft der umzäunten und von Soldaten bewachten Lager leben. Wir wollten nicht, daß unsere Kinder aufwachsen, ohne zu wissen, wie ein Maisfeld und ein Papayabaum aussehen“, erzählt ein Rücksiedler.

Probleme gibt es vor allem mit den Militärs. „Sie lassen Baumaterial und Nahrungsmittel nicht durch. Sie sagen, das sei alles für die Guerilla“, erzählt Luis, der dem Dorfausschuß angehört. Fast alle Kinder sind unterernährt und haben Wurmkrankheiten. „Wir sind auf internationale Hilfe angewiesen, auf Geld und auch auf den Druck, den ihr auf die Regierung ausüben könnt“, meint Miguel, der ebenfalls dem Dorfausschuß angehört, zu den Europäern, die zu ihnen gekommen sind, um mit ihnen Weihnachten zu feiern.

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