Schweden verschärft Asylrecht

Zum Jahreswechsel wurden zwar alle „Altfälle“ von Asylgesuchen genehmigt / Gleichzeitig sind aber „Schnellverfahren“ in Kraft getreten, die nachteilig für komplexe Fälle sein können / Visumzwang für Chilenen  ■  Aus Stockholm Reinhard Wolff

Mit einem radikalen Schnitt versucht die schwedische Einwandererbehörde, die Bearbeitungsdauer von Asylfällen in den Griff zu bekommen. Um den Ballast der „Altfälle“ loszuwerden, wurden zum Jahreswechsel alle Anträge von Asylsuchenden ohne weitere Prüfung anerkannt, wenn sie schon vor dem 1.Januar 1988 eingereist waren und über ihr Asylbegehren noch nicht entschieden war. Betroffen von dieser Regelung sind über 2.000 Flüchtlinge.

Die Maßnahme war offenbar Voraussetzung dafür, eine gleichzeitig in Kraft getretene Beschleunigungsreglung realisieren zu können. War Schweden schon in der Vergangenheit hinsichtlich der Entscheidung von Asylbegehren vergleichsweise schnell, so soll es von jetzt ab noch zügiger gehen: 30 Prozent aller Ansuchen - die angeblich „ganz eindeutigen“ Fälle - will man innerhalb von drei Wochen entscheiden. Kein Asylsuchender soll länger als zwei Monate auf seinen Bescheid warten müssen. Selbst eine Klage gegen einen negativen Bescheid soll spätestens innerhalb von zwei Monaten entschieden werden.

Was auf den ersten Blick recht positiv aussieht Ausschaltung der psychisch so belastenden Wartezeit -, bringt nach Ansicht von Kritikern gleichzeitig das Risiko mit sich, daß in den nun vorgesehenen „Schnellverfahren“ kompliziertere Fälle, für die umfänglichere Recherchen erforderlich wären, ohne hinreichende Prüfung entschieden werden. Die finanzielle Belastung der öffentlichen Kassen durch die pauschale Anerkennung der „Altfälle“ wird durch das beschleunigte Anerkennungsverfahren der Zukunft schnell mehr als wettgemacht werden.

Wenn es sich realisieren läßt. Denn Schweden muß jährlich mit 20.000 Asylsuchenden rechnen. Fast ein Fünftel davon waren bislang Chilenen. Den Zustrom aus diesem Land versucht die Regierung jetzt mit einem Visumzwang zu stoppen. Begründet wird dies damit, daß Schlepperorganisationen in Chile angeblich öffentlich „Paketreisen“ nach Schweden anbieten: Gegen die Zahlung einer Pauschale von mehreren tausend Dollar würden Flugtickets mit genauen Anweisungen bis hin zu einer individuellen Verfolgungsgeschichte verkauft.

Flüchtlingshilfsorganisationen kritisieren den Visumzwang, weil er vor allem die tatsächlich politisch Verfolgten treffe. Für Chilenen ist Schweden seit dem Militärputsch ein bevorzugtes Zufluchtsland geworden. In Schweden mehren sich darüber hinaus in letzter Zeit die Fälle von Ausweisungen von Flüchtlingen nach Chile mit der Begründung, es gebe für diese dort mittlerweile keine Bedrohung mehr.