: Lernen für den Dreck danach
■ TU-Studenten fordern Umweltschutztechnik mit mehr Praxisbezug
„Hier bauen die Studenten des Fachbereichs Umwelttechnik im Rahmen des Uni-Umbauprojekts das Chico Mendes Institut für Umweltschutz.“ Das Schild, das die Umweltschutzstudenten der TU gestern morgen in aller Feierlichkeit enthüllten, hat symbolischen Charakter. Kein architektonischer Neubau soll auf dem TU-Gelände entstehen, sondern der Studiengang Umwelttechnik muß, wenn es nach dem Willen der Studenten geht, dringend umgebaut werden.
Eine Besinnung auf das Wörtchen „Umwelt“ in der Umwelttechnologie sei vonnöten, gaben die Umwelttechniker in spe nach der Schildenthüllung bekannt. Deshalb habe man das Institut auch nach Chico Mendes benannt, der kurz vor Weihnachten wegen seines Engagements für den brasilianischen Regenwald von Farmern ermordet worden war.
Noch immer spiele die Technik die erste Geige in ihrem Studiengang. Im Grundstudium, so eine Studentin, würden Umweltrecht, -ökonomie und Ökologie nur am Rande behandelt. „Der Schwerpunkt an unserem Institut heißt technische Nachsorge, Meßtechnik vor allem. Wenn es darum geht zu fragen, ob der Dreck überhaupt entstehen muß, also Umweltvorsorge zu betreiben, herrscht Schweigen im Walde“, konstatiert einer der 600 Umweltschutzstudenten.
Das sei auch kein Wunder, denn die sechs Professoren, die derzeit die Lehre in Sachen Umweltschutz gestalten, kommen in erster Linie aus der Industrie. Und diese Verbindung ließe eine kritische Auseinandersetzung mit umweltverschmutzenden Firmen kaum zu.
„Wir dürfen zwar messen, wie verschmutzt die Spree ist, aber das ist auch schon alles.“ Praxisbezogener müsse der Studiengang werden. Gerade in Zeiten, wo die Umweltverschmutzung ein immer größeres Problem werde, sei es notwendig, Umweltschutztechnologie nicht nur im Labor zu erproben, fordern die Studentinnen deshalb auch auf ihren Infoblättern.
Wie wenig Kompetenz dem Studiengang Umwelttechnologie noch immer zugesprochen werde, so die Umweltschützer in der Fasanenstraße, zeige sich aber vor allem daran, daß die Auflösung des Instituts zur Debatte stehe. Wie auch an der FU soll die Zahl der Fachbereiche reduziert werden. Seit 1975 gibt es an der TU den Fachbereich „Umwelttechnik“, sozusagen ein Unikum, denn bisher existiert an keiner anderen Universität im gesamten Bundesgebiet ein vergleichbarer Studiengang.
So hat das Bauschild am Eingang des Institutsgebäudes doch noch einen pragmatischen Bezug: „Sollen die doch unser altes Institut ruhig einstampfen. Wir bauen dann nicht nur inhaltlich, sondern auch räumlich unsere eigene Umwelttechnologie“, verkündet eine Studentin.
Christine Berger
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